- Mascha Eckert und ihre Kollegen vom Spielzeugmuseum Nürnberg haben sich mit Rassismus bei Spielsachen beschäftigt.
- Einige bekannte Hersteller setzten vermehrt auf realistischere und vielfältigere Produkte.
- Ein Experte vermutet, die Spielzeugbranche steht am Anfang von einem Trend.
Die Puppe hat schwarze Haut und trägt nichts als einen Lendenschurz mit Leopardenmuster. Schon allein das macht stutzig. Noch stutziger macht jedoch das Gesicht. Irgendetwas stimmt damit nicht. "Es sind die Gesichtszüge einer hellhäutigen Puppe", sagt Mascha Eckert vom Spielzeugmuseum in Nürnberg. Nur eben schwarz eingefärbt. Gleiches gilt für die Haare.
Spielzeuge prägen Kinder. Durch sie lernen sie und begreifen die Welt. Doch oft transportieren Spielzeuge auch Klischees und Stereotype - ganz besonders wenn es um Minderheiten wie schwarze Menschen geht.
Mit offensichtlichem, aber auch verstecktem Rassismus in Spielsachen haben sich Mascha Eckert und ihre Kolleginnen in den vergangenen Jahren intensiv beschäftigt. Die Ergebnisse sind ab Donnerstag (15. Juli) in einer Ausstellung zu sehen, die auch für mehr Vielfalt in den Spielzeugregalen werben will.
Museum überprüft alle Exponate
Ins Rollen gebracht hat das Ganze eine schwarze Amerikanerin, die sich nach ihrem Museumsbesuch in Nürnberg bei Leiterin Karin Falkenberg über ein um 1912 entstandenes Blechspielzeug beklagte. Dieses stellt einen schwarzen Mann dar, den man mit einem Aufziehschlüssel zum Tanzen bringen kann. "Sie war aufgebracht. Sie sagte, es sei purer Rassismus, was wir da zeigen", erzählt Falkenberg.
Sie selbst war erstmal irritiert, recherchierte die Hintergründe des kritisierten Spielzeugs und liess dann das gesamte Museum nach rassistischen Exponaten überprüfen. "Es geht darum, eine dauerhafte Lösung für solche Objekte zu finden", erläutert Mascha Eckert. Diese sollten nicht einfach weggeräumt, aber auch nicht weiterhin unkommentiert gezeigt werden.
In der von ihr kuratierten Ausstellung haben Illustratorinnen deshalb acht rassistische Spielsachen so verändert, dass diese nicht mehr herabwürdigend sind. Dass diese keinesfalls ein Problem der Vergangenheit sind, macht die Ausstellung ebenfalls deutlich: Die schwarze Puppe mit dem Lendenschurz hatte das Team erst im vergangenen Jahr im Internet bestellt.
Die Berlinerin Olaolu Fajembola wundert das nicht. "Gerade bei den Puppen dominieren die hellhäutigen, blonden", sagt die schwarze Deutsche. Und bei den schwarzen Puppen handele es sich meist um die gleichen Modelle, nur dunkel eingefärbt. "Das löst bei Kindern Irritationen aus. Die fragen sich dann, ob es schwarze Menschen tatsächlich gibt oder ob die angemalt sind", meint sie.
Barbies und Playmobil sind realistischer geworden
Fajembola ist selbst Mutter und schon oft daran gescheitert, Spielsachen und Bücher für ihre Tochter zu finden, die schwarze Menschen realistisch zeigen. Gerade in deutschen Büchern spielten diese oft nur eine Nebenrolle, seien karikiert und stereotyp dargestellt, sagt sie.
Deshalb hat sie mit einer anderen schwarzen Mutter zusammen einen Onlineshop für vielfältiges Spielzeug gegründet, bei dem unter anderem Kinder mit unterschiedlichen Hautfarben, Religionen oder mit Behinderungen vorkommen. "Repräsentation in Spielzeug ist gerade für die marginalisierten Kinder wichtig", betont sie.
In dieser Hinsicht hat sich der Spielzeugmarkt in den vergangenen Jahren schon etwas bewegt. So gibt es die Barbie inzwischen auch als Asiatin, Afrikanerin oder Lateinamerikanerin, im Rollstuhl oder mit der Hautkrankheit Vitiligo. Auch die Playmobil-Figuren sind heute bunter: Im Sortiment gibt es zum Beispiel schwarze Polizisten, asiatische Lehrerinnen und Kinder in verschiedenen Hauttönen.
Branche vor einem Trend?
Christian Ulrich von der weltgrössten Spielwarenmesse in Nürnberg sieht die Branche am Anfang eines Trends: "Antirassistisches und diverses Spielzeug sollten als Selbstverständlichkeit erachtet werden und daher einen hohen Stellenwert einnehmen, wovon wir aber noch entfernt sind." Bisher bleibt es bei einigen positiven Beispielen, von denen eine Auswahl auch im Nürnberger Spielzeugmuseum zu sehen ist.
Darunter sind auch die schwarzen Puppen von David Amoateng. "90 bis 95 Prozent der Puppen sind weiss. Das ist hier so, aber auch in Ghana", sagt der 36-Jährige aus Hamburg, dessen Vater aus dem afrikanischen Land stammt. Auf die Idee für seine Stoffpuppen kam er, als er eine schöne schwarze Puppe für seine Nichte suchte und nicht fündig wurde. Nun lässt er diese in einer eigenen Puppenmanufaktur in Ghana nähen - und kommt bei der grossen Nachfrage kaum hinterher.
"Ich denke, dass sich gesellschaftlich in den letzten zwei Jahren viel verändert hat", erklärt sich Amoateng das Interesse an seinen Puppen. Die Rassismus- und Gender-Debatte habe in vielen Bereichen das Bewusstsein für mehr Vielfalt geweckt.
Als er ein Kind war, erzählt Amoateng, habe er sich sehnlichst eine schwarze Superhelden-Actionfigur gewünscht. Heute gibt es die. "Es tut sich was", meint Amoateng. Auch wenn es ein langer Prozess sei. © dpa
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