• Vor einer Woche ist ein 42-jähriger Lehrer im so genannten Berliner Kannibalismus-Prozess des Mordes schuldig gesprochen worden.
  • Er soll einen Monteur getötet haben, um seine Fantasien auszuleben.
  • Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, der Angeklagte hat Revision eingelegt.

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Das Mordurteil im Berliner Kannibalismus-Prozess wird noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte habe über seine Verteidigerinnen Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin eingelegt, teilte eine Sprecherin am Freitag auf Anfrage mit.

Die Richter hatten den 42-Jährigen vor einer Woche wegen Mordes sowie der Störung der Totenruhe zu lebenslanger Haft verurteilt. Stefan R. habe heimtückisch gemordet, "um Kannibalismusfantasien umzusetzen" und damit seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen, sagte der Vorsitzende Richter Matthias Schertz.

Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausschliesst. Er sei schon 30 Jahre Richter und befasse sich 13 Jahre lang mit Morddelikten, aber "so was lag noch nicht auf meinem Tisch", sagte Schertz.

Der Angeklagte hatte die Tat im Prozess bestritten. Das Gericht hatte es jedoch als erwiesen angesehen, dass der Lehrer am 6. September 2020 in seiner Wohnung in Berlin-Pankow einen 43 Jahre alten Monteur tötete, "um seine Kannibalismus-Fantasien auszuleben". In R.s Wohnung soll dieser den Mann mit einer Droge sediert, ihm dann die Kehle durchschnitten und seine Genitalien abgetrennt haben, um sie zu essen. Nach dem Mord hatte der Täter laut Urteil die Leiche zerteilt und die Teile an verschiedenen Orten in Berlin abgelegt.

"Das ist menschenverachtend, was Sie da gemacht haben"

"Das ist menschenverachtend, was Sie da gemacht haben", hat Schertz sich vergangene Woche an den Angeklagten gerichtet, der die Urteilsbegründung wie schon die Verhandlung zuvor ausdrucks- und emotionslos verfolgt hatte. Es sei "eine ganz besonders verabscheuenswürdige Tat", sagte der Vorsitzende Richter weiter.

R. habe schon zuvor Schlacht- und Kannibalismusfantasien gehabt und sei dann "fest entschlossen gewesen, seine Ideen in die Tat umzusetzen", sagte Schertz. In der Wohnung des Verurteilten seien zudem zahlreiche Schlacht- und Entmannungsanleitungen sowie Schlachtwerkzeuge gefunden worden. Auch die "ganz sorgfälltige Abtrennung von Hoden und Penis" zeige, dass R. seine kannibalistischen Vorstellungen umgesetzt habe.

Der Verurteilte hatte während des Prozesses nach anfänglichem Schweigen seine Verteidigerinnen eine Einlassung verlesen lassen. Darin räumte er ein, dass er sich mit dem Verstorbenen getroffen habe. Dieser sei jedoch danach in der Wohnung eines natürlichen Todes gestorben. Die Leiche habe er zerstückelt und beseitigt, weil er Angst gehabt habe, dass seine Homosexualität ans Licht komme.

Richter Scherz ging in seiner Urteilsbegründung auf die Einlassung ein und nannte sie "von hinten bis vorn unglaubhaft". Es gebe eine ganz erhebliche Hemmschwelle, einen Menschen zu zerteilen. Auch sei Homosexualität heutzutage völlig akzeptiert.

"Das Urteil ist im Sinn meiner Mandanten", sagte Rechtsanwalt Sven Peitzner vergangene Woche nach der Urteilsbegründung. Er vertrat im Prozess die Eltern des Opfers als Nebenkläger. Die Strafkammer folgte mit ihrem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die zuvor eine lebenslange Haft wegen Mordes und die Feststellung der besonderen Schuldschwere beantragt hatte.

Kannibalismus-Prozess: Angeklagter habe Töten und teilweise Verspeisen eines Menschen ausleben wollen

R. habe das Töten und teilweise Verspeisen eines Menschen real ausleben wollen, "um sich daran sexuell zu ergötzen", sagte Staatsanwalt Martin Glage in seinem Plädoyer. "Das virtuelle Ausleben reichte ihm nicht mehr aus."

Die Verteidigung forderte hingegen einen Freispruch. Anwältin Kristina Beulich führte aus, dass die Todesursache des Geschädigten "unklar" sei. Zudem seien Fantasien allein - auch kannibalistische - "nicht strafbar".

Das Verbrechen war im November 2020 nach dem Fund menschlicher Knochen in Pankow entdeckt worden. Untersuchungen ergaben, dass es sich um Leichenteile des schon seit mehreren Wochen vermissten 43-Jährigen aus Berlin handelte. Aufwändige weitere Ermittlungen, darunter die Auswertung der Handydaten des Toten, führten dann zur Wohnung des Verdächtigen.

Dort stiessen Polizisten unter anderem auf Blut, weitere Leichenteile und verdächtige Werkzeuge. Der Angeklagte wurde unmittelbar nach der Durchsuchung seiner Wohnung festgenommen und sass seitdem in Untersuchungshaft. Er ist einem Gutachter zufolge voll schuldfähig. (pak/dpa/AFP)

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