Flugzeuge, Autos, Kohlekraftwerke – wenn es um den Klimaschutz geht, haben viele Menschen eine genaue Vorstellung, welche Branchen für den Grossteil der CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die Schifffahrt bleibt dabei meist aussen vor. Doch das dürfte sich nun ändern.
Bisher haben vor allem die grossen Kreuzfahrtschiffe einen schlechten Ruf als "Dreckschleudern". Experten zufolge stösst ein Schiff dieser Grösse Stickoxide und Feinstaub in ähnlichen Mengen aus, wie hunderttausende Autos. Bei Schwefeldioxid geht der Vergleich sogar in die Millionen.
Doch auch für den CO2-Ausstoss gibt es nun Zahlen, die die drastischen Folgen der gesamten Schifffahrt für das Klima belegen.
Die Brüsseler Organisation Transport and Environment (T&E) hat die Emissionsdaten aller Schiffe, die aus EU-Häfen abfuhren oder diese ansteuerten, gesammelt und mit anderen emissionsstarken Branchen verglichen. Zeit Online hatte zuerst über diesen Report berichtet.
Mehr CO2-Ausstoss als Ryanair
Demnach haben diese Schiffe im Jahr 2018 insgesamt 139 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Und der Report gibt noch tiefere Einblicke zum Vergleich: Allein für 11 Millionen Tonnen CO2 ist eine einzige Gesellschaft, die Mediterranean Shipping Company (MSC), verantwortlich. Das ist mehr als die Fluggesellschaft Ryanair (knapp 10 Millionen Tonnen) und fast so viel wie ein einziges Braunkohlekraftwerk (Lippendorf bei Leipzig mit 11,7 Millionen Tonnen).
In Ländern wie Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, Spanien, Schweden und Finnland sind dem Report zufolge die Emissionen aus der Schifffahrt im Jahr 2018 grösser als der CO2-Ausstoss aller Pkw, die in den zehn grössten Städten der jeweiligen Länder registriert sind.
Ebenso bemerkenswert liest sich auch dieser Vergleich: Wäre der EU-Schiffsverkehr ein Land, läge er bei den CO2-Emissionen auf Platz acht hinter den Niederlanden.
Doch während diese erfolgreich daran arbeiten ihren CO2-Aussstoss zu verringern – 2018 nahm der Ausstoss des Gases im Gegensatz zum Vorjahr um 2 Prozent ab – boomen Kreuzfahrttourismus und vor allem der internationale Handel.
Deutliche Zunahme des Schiffsverkehrs bis 2050
Der Report spricht von einem möglichen Wachstum zwischen 50 und 250 Prozent bis zum Jahr 2050. Hauptverantwortlich dafür wäre der weltweite Handel und die dafür eingesetzten Containerschiffe.
Auch Kreuzfahrten nehmen zu. Die Zahl der Passagiere ist laut des Verbandes Clia, der die deutsche Kreuzfahrtindustrie vertritt, in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf rund 1,08 Millionen gestiegen. Gefragt waren vor allem Reisen im Mittelmeer, gefolgt von Touren um die Kanarischen Inseln und in Nordeuropa. (dh/dpa)
Verwendete Quellen:
- Zeit Online: "Schifffahrt ist fürs Klima genau so schlimm wie Kohle"
- T&E: "European shipping's climate record"
- Statistics Netherlands (CBS): "Slight drop in greenhouse gas emissions"
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