Ein Streit an einem Nürnberger S-Bahnhof gerät "aus völlig nichtigem Anlass" komplett aus den Fugen und kostet zwei 16-Jährige das Leben. Die zwei Tatverdächtigen sind erst 17 Jahre alt. Die Heimatgemeinde der Toten trägt tiefe Trauer.
Nach der tödlichen Auseinandersetzung in einer Nürnberger S-Bahnstation wird gegen zwei 17-Jährige wegen vorsätzlichen Totschlags ermittelt. Dem bisherigen Kenntnisstand zufolge hätten die beiden Jugendlichen billigend in Kauf genommen, dass ihre Kontrahenten von einem herannahenden Zug erfasst werden, sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke am Montag.
Gegen die Jugendlichen war am Sonntag von einem Ermittlungsrichter Haftbefehl wegen zweifachen Totschlags erlassen worden, sie kamen in Untersuchungshaft.
Fünf Jugendliche waren in der Nacht zum Samstag kurz nach Mitternacht im S-Bahnhof Frankenstadion in Streit geraten, nach Polizeiangaben aus "völlig nichtigem Anlass". Drei 16-Jährige stürzten dabei ins Gleis. Einer von ihnen konnte sich durch einen Sprung vor dem gerade einfahrenden Zug retten, die beiden anderen wurden vom Zug mitgerissen. Für sie kam jede Hilfe zu spät.
"Wir sind in einer gewissen Schockstarre"
In Heroldsberg, der Heimatgemeinde der beiden getöteten Jugendlichen, herrschte grosse Betroffenheit. "Es ist nicht in Worte zu fassen. Wir sind in einer gewissen Schockstarre", sagte die erste Vorsitzende des Turn- und Sportvereins Heroldsberg, Stefanie Piegert.
Die 16-Jährigen hatten dort von Kindesbeinen an Fussball gespielt, zuletzt in der A-Jugend. "Es waren tolle Spieler, nette, freundliche Menschen." Die Spieler der beiden Erwachsenen-Mannschaften würden sich der Mitspieler der Jugendlichen annehmen und bei der Trauerarbeit helfen, sagte Piegert.
Bruder findet bewegende Worte bei Trauergottesdienst
Am Samstagabend hatte der Verein eine Benefizveranstaltung zur Finanzierung eines Kunstrasenplatzes abgesagt. Stattdessen besuchten rund 500 Bürger einen ökumenischen Gottesdienst. Vor allem der ältere Bruder eines der beiden Opfer habe bei dem Gottesdienst tief bewegende Worte gefunden, sagte der Erste Bürgermeister Johannes Schalwig (CSU) einem Bericht der "Nürnberger Zeitung" (Montag) zufolge.
Vor dem Rathaus der Marktgemeinde legten Trauernde rote Grablichter, Blumen und Fotos der Toten nieder. Die 16-Jährigen seien sehr beliebt gewesen, sagte die Vereinsvorsitzende Piegert. Sie seien auf Schulen in Eckenthal und Nürnberg gegangen.
Staatsanwältin hüllt sich (noch) in Schweigen
Wie die Jugendlichen ins Gleis gerieten und was den Streit auslöste, ist noch Gegenstand der Ermittlungen. "Es kann noch kein Zwischenstand mitgeteilt werden, um nicht die noch anstehenden weiteren Zeugenvernehmungen zu beeinflussen", erklärte die Staatsanwältin.
Auch Videoaufnahmen der Überwachungskameras auf dem Bahnhof würden ausgewertet. Wegen unterlassener Hilfeleistung werde derzeit nicht ermittelt. Zur Tatzeit hatten auf dem Bahnsteig laut Polizei rund 150 vor allem junge Menschen gewartet. Viele kamen von einer Party in einer nahen Diskothek und wollten mit einem der letzten Züge nach Hause fahren.
(hub/dpa)
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