Er veröffentlichte mehr als 50 Bücher und war einer der bekanntesten Schriftsteller der Nachkriegszeit – nun ist Martin Walser im Alter von 96 Jahren gestorben.
Martin Walser ist tot. Der Schriftsteller starb in am Freitag im Alter von 96 Jahren, wie der Rowohlt Verlag am Abend mitteilte. Walser galt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller in Deutschland. Walsers Tod löste breite Betroffenheit aus.
Walser war am 24. März 1927 als Sohn eines Gastwirts in Wasserburg am Bodensee geboren worden und wurde zu einem der bedeutendsten Autoren der deutschen Nachkriegsliteratur. Er veröffentlichte mehr als 50 Bücher und wurde mit beinahe allen bedeutenden Preisen ausgezeichnet, darunter den Georg-Büchner-Preis im Jahr 1981 und den Friedenspreis des deutschen Buchhandels im Jahr 1998.
Walser entfachte grosse Debatte mit "Tod eines Kritikers"
Walsers erfolgreichstes Werk war der 1978 erschienene Millionenbestseller "Ein fliehendes Pferd", auch der "Tod eines Kritikers" 2002 war ein Publikumserfolg - damit entfachte er jedoch auch eine heftige Debatte.
"FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher wertete das als Abrechnung mit dem Literaturbetrieb gedachte Buch damals als "Exekution" Reich-Ranickis. In der Folge kam es auch zum Streit Walsers mit seinem langjährigen Verlag Suhrkamp. 2004 wechselte er zu Rowohlt.
Die Diskussion knüpfte an eine andere Debatte an, die Walser wenige Jahre zuvor ausgelöst hatte. Bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels klagte er 1998 in der Frankfurter Paulskirche über eine "Instrumentalisierung" des Holocausts. Der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, sprach von "geistiger Brandstiftung".
Im Februar 2015 brachte der Schriftsteller gemeinsam mit dem Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Wuppertal, Andreas Meier, die Anthologie "Unser Auschwitz" heraus, die seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem Thema dokumentieren sollte. Kritiker sprachen daraufhin von einer Bekehrung und gar dem Versuch einer Rehabilitation. "Ich finde das absurd", wies Walser das zurück. "Entschuldigung, Rehabilitation, was heisst denn das? Das heisst, irgendein Verbrecher muss rehabilitiert werden. Da sieht man den leichtfertigen Umgang mit Fremdwörtern."
Steinmeier: "Werk ist beeindruckender Spiegel Deutschlands"
Nun ist Walser, der einst auch über die Schönheit Angela Merkels philosophierte, in der Nacht auf Freitag gestorben. Bundespräsident
Sein Werk umspanne mehr als sechs Jahrzehnte, er habe die deutsche Literatur in dieser Zeit entscheidend geprägt. "Schreiben bedeutete für Martin Walser immer auch Verpflichtung zum schonungslosen Engagement", erklärte der Bundespräsident. Als "streitbarer und eigenwilliger politischer Geist" habe Walser weder Auseinandersetzungen noch Kritik gescheut und immer wieder mit politischen Essays in gesellschaftliche Debatten eingegriffen.
Trauer um Walser
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schrieb, Walser habe Literatur geschaffen, die bleibe. "Als scharfer, tiefgründiger, immer wieder auch streitbarer Beobachter und Kommentator hat Walser der bundesrepublikanischen Geschichte der Nachkriegszeit seinen Stempel aufgedrückt. Seine Romane sind Spiegel und Reflexionsort der deutschen Zeitgeschichte und zugleich empathische und detailgenaue Studien der menschlichen Gattung."
Das von Walser mitinitiierte Literarische Forum Oberschwaben schrieb: "So lange er es konnte, hat sich Walser für die Förderung von Kunst und Kultur in unserer Region eingesetzt und Schriftsteller/innen gefördert. Mit Themen wie Heimat, Identität, Erinnerung und Gesellschaft hat er auch bei uns Diskussionen und Debatten angestossen und das intellektuelle und kulturelle Leben bereichert."
Der Rowohlt Verlag würdigte: Mit Martin Walser verliere man einen seiner bedeutendsten Autoren, der als Schriftsteller und Homo politicus über Jahrzehnte die deutsche Kultur geprägt habe. "Sein vielgestaltiges und sprachmächtiges Werk, sein Auftreten als öffentlicher Intellektueller werden lange über seinen Tod hinaus wirken", hiess es in einer Mitteilung. (mbo/afp/dpa)
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