• Ein Angriff auf ein islamisches Kulturzentrum in Halle/Saale sorgt für Entsetzen.
  • Vermutlich ein Nachbar hat am Sonntag mit einem Luftgewehr auf das Gebäude geschossen, während rund 100 Mitglieder der Gemeinde anwesend waren.
  • Der Vorsitzende des Zentrums, Djamel Amelal, kritisiert nun, dass der mutmassliche Täter bereits wieder auf freiem Fuss ist.

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Während des Mittagsgebets ist in Halle/Saale mit einem Luftgewehr auf ein islamisches Kulturzentrum geschossen worden. Bei dem Vorfall am Sonntag seien keine Menschen verletzt worden, teilte die Polizei später mit. Auch am Gebäude gebe es keine grösseren Schäden.

"Die Polizei war zum Glück sofort da – seit dem Angriff auf die Synagoge in Halle 2019 haben wir einen Polizei-Container vor dem Gebäude stehen, wo zu Gebetszeiten Polizisten vor Ort sind", sagt Djamel Amelal, Vorsitzender des Islamischen Kulturcenters Halle/Saale, im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Die Menschen haben Angst, fragen sich, bin ich noch sicher, wenn ich ins Zentrum komme", sagt Amelal. Man wolle sich aber nicht unterkriegen lassen. Bereits am Montag fanden wieder Sprachkurse in dem Kulturcenter statt, auch für die nahe Zukunft geplante Veranstaltungen sollen nicht abgesagt werden.

Polizei ermittelt gegen 55-jährigen Anwohner

Zum Zeitpunkt der Tat befanden sich laut Polizei rund 100 Menschen in dem Gebäude. Nach den ersten Ermittlungen erhärtete sich der Verdacht gegen einen 55-jährigen Bewohner eines gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses. Er wurde laut Polizei als Inhaber der Wohnung ermittelt, von deren Fenster nach Zeugenberichten die Schüsse ausgingen.

Bei dem Mann sei eine "entsprechende Langwaffe zum Verschiessen von Diabolos und eine Gasdruckpistole" gefunden und sichergestellt worden, hiess es. Der Tatverdächtige sei nicht festgenommen worden und habe nach einer Vernehmung wieder gehen dürfen, teilte die Polizei mit. Er sei nach ersten Erkenntnissen bisher nicht mit politisch motivierten Straftaten in Erscheinung getreten. Weitere Details und Hintergründe zu dem Vorfall waren zunächst nicht bekannt. Der Staatsschutz ermittelt.

Dass der mutmassliche Täter auf freiem Fuss ist, ist für Amelal ein fatales Signal. "Es muss etwas passieren. Die Verantwortlichen müssen bestraft werden, auch der Fall von 2018 muss geklärt werden, damit es keine Nachahmer gibt. Wenn der Täter nach einem Tag bei der Polizei wieder rausgeht, bestärkt das andere womöglich."

Bereits 2018 hatte es Schüsse auf Menschen gegeben, die sich in der Nähe des Gebäudes aufhielten. Insgesamt wurden drei Syrer bei den Angriffen im Juni und Februar 2018 leicht verletzt. Ein Tatverdächtiger konnte damals nicht ermittelt werden. Die Beamten äusserten jedoch damals bereits den Verdacht, dass die Schüsse aus einem der anliegenden Plattenbauten gekommen seien.

Schon der zweite Angriff dieser Art in Halle

"Wir sind entsetzt über die Schüsse auf die Gläubigen", schrieb die Landtagsfraktion der Linken in einer ersten Reaktion. Bereits mehrfach sei die Einrichtung Ziel solcher Attacken geworden.

Dass Menschen vor der Moschee unmittelbar ins Visier genommen werden konnten, habe auch damit zu tun, dass die Moschee für die Zahl der Gläubigen zu klein sei und sie zum Teil vor der Moschee beten müssten. "Die Gemeinde braucht endlich Unterstützung und die nötige Sensibilität der Landesregierung", sagte der religionspolitische Sprecher der Fraktion, Wulf Gallert.

Aufrufe zu Solidarität mit Muslimen

"Mehrfach ist heute (Mittagsgebet) erneut auf Gläubige (darunter Rollstuhlfahrer) unserer #Moschee in #Halle mit Luftgewehr geschossen worden", schrieb der Zentralrat der Muslime in Deutschland via Twitter.

Bei Muslimfeindlichkeit und Rassismus bleibe es nicht bei Worten. Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt verurteilte die Tat scharf. "Die #Radikalisierung und andauernde #RechteGewalt in diesem Bundesland sind eine Schande", hiess es in einem Tweet des Rates vom Sonntag. "Angriffe wie heute müssen skandalisiert werden statt stillschweigend geduldet! Solidarität jetzt."

Auch das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (Lamsa) forderte Solidarität und rief für das Freitagsgebet (28. Januar) für die Mittagszeit zu einer "solidarischen Zusammenkunft" rund um den Platz der islamischen Gemeinde in Halle-Neustadt auf.

Der Hallesche SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby verurteilte die Schüsse: "Meine Solidarität gilt allen Menschen, die hier bedroht wurden", schrieb er auf Twitter. Der Politiker kündigte an, das Kulturcenter in der nächsten Woche zusammen mit Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) zu besuchen und mit Betroffenen zu sprechen. (dpa/mcf)

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