Schulunterricht zuhause ist in Deutschland nur unter strengen Regelungen erlaubt. Eine christliche Familie weigerte sich jedoch, ihre Kinder in die Schule zu schicken, die Behörden steckten diese daraufhin kurzzeitig in ein Heim. Die Eltern gingen nun gerichtlich dagegen vor - ohne Erfolg.
Vehemente Schulgegner aus Hessen haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Niederlage erlitten.
Das Strassburger Gericht sieht die Rechte der christlichen Familie durch die kurzzeitige Unterbringung ihrer Kinder im Heim nicht verletzt, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hervorgeht (Beschwerdenummer 18925/15).
Das Paar aus der Nähe von Darmstadt hatte sich unter anderem aus religiösen Gründen geweigert, seine vier Kinder in die Schule zu schicken, und unterrichtete sie zuhause.
Die Behörden holten die Kinder daraufhin 2013 aus der Familie und brachten sie für drei Wochen im Heim unter, um die Schulpflicht durchzusetzen. Die Eltern sehen dadurch ihr Menschenrecht auf Familienleben verletzt.
Die Tür ihres Hauses sei damals mit einem Rammbock geöffnet, die Wohnung "gestürmt", die Eltern zur Seite gestossen und die Kinder "weggezerrt" worden, sagte der Vater vor knapp zwei Jahren bei einem Besuch in Strassburg.
Vorwurf der Kindesentführung
Der Staat habe kein Recht, Kinder wegen Heimunterrichts aus ihren Familien zu "entführen", sagte er nun laut einer Pressemitteilung der konservativ-christlichen gemeinnützigen Organisation ADF International, die die Familie in dem Verfahren unterstützte.
"Wir haben uns entschieden, unsere Kinder zuhause zu unterrichten, weil wir glauben, dass das die beste Umgebung für sie ist, um zu lernen und zu gedeihen."
Die Strassburger Richter hielten am Donnerstag zwar fest, dass mit dem teilweisen Sorgerechtsentzug in das Recht auf Familienleben eingegriffen worden sei. Die Gründe dafür seien aber "relevant und ausreichend" gewesen.
Die deutschen Behörden hätten Grund zur Annahme gehabt, dass die Kinder in Gefahr schwebten, isoliert waren und keinen Kontakt zu Menschen ausserhalb der Familie hatten.
Die Eltern hätten weniger strenge Massnahmen durch fehlende Kooperation mit den Behörden verhindert. So hätten sie den Behörden nicht erlaubt, den Lernstand der Kinder zu überprüfen.
Ausserdem hätten selbst vorher angeordnete Ordnungsgelder sie nicht von ihrer Weigerung abgebracht, die Kinder in die Schule zu schicken.
Das Urteil kann innerhalb von drei Monaten angefochten werden.
Kein Recht auf Heimunterricht
Unterricht zuhause ist in Deutschland nicht erlaubt, sofern die schulpflichtigen Kinder nicht länger krank sind. Eltern, die ihren Kindern den Schulbesuch verweigern, drohen auch Haftstrafen.
Das Bundesverfassungsgericht begründete dies 2014 mit dem Interesse der Allgemeinheit, religiös oder weltanschaulich motivierten Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.
In anderen europäischen Ländern sind die Regeln für das sogenannte Homeschooling weitaus weniger streng. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte jedoch 2006: Es gibt kein Recht auf Heimunterricht. (am/dpa)
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