2067 muss sich der Schweizer "Verein zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste" laut eigener Satzung auflösen. Dann soll "das gesamte Vereinsvermögen bis auf den letzten Rappen verfressen" werden. Doch auch die regelmässigen Schlemmerfeste der "Mund-Erotiker" haben es in sich.

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"Eine gute Blutwurst löst grosse Glücksgefühle aus", sagt Peter Bolliger und spricht sogar von "Mund-Erotik". Er muss es wissen. Bolliger ist Präsident des schweizerischen "Vereins zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste" (VBL).

Schlemmen, was die Wurst hergibt

Alle paar Wochen organisiert der VBL eine Metzgete, ein Schlemmerfest, an dem der Lust auf Schweinisches ungehemmt gefrönt wird. Rund 40 Männer und Frauen versammeln sich zum üppigen Buffet mit traditionellen Schlachtgerichten: Blutwürste, Leberwürste, Beinscheiben, Speck.

Humor ist wichtig im Verein, der sich laut Satzung nach genau 99 Jahren auflösen muss. Man schreibt sich E-Mails herzlich mit "saumässigen Grüssen". "Liebe Brüder im Schwein", eröffnet Ernst Stettler in einem Ausflugslokal bei Langenthal zwischen Bern und Zürich an diesem Abend eine Metzgete. Frauen bekommen bei der Begrüssung keine Extrawurst, sie sind mitgemeint.

Verein singt die Hymne aufs Schwein

Stettler war vor dem Ruhestand Bio-Metzger. Zwischen den Gästen und dem Buffet steht noch die Vereinshymne: "Heil Dir, geliebtes Schwein, heil Dir, Blutwurstverein" singen sie zur Melodie von "God Save the Queen". Die Melodie der britischen Hymne war einst auch Schweizer Hymne.

Und dann geht es zur Sache: Die Teller füllen sich mit Blut- und Leberwürsten sowie Schwarten, Räucherspeck und Zungenwurst. Noten gibt es auch. Prall gefüllt soll die Blutwurst sein und ein bisschen spritzen darf sie beim Hineinstechen, "aber nur Fett und nicht wässeriger Saft", wie der Verein festhält.

"Die Struktur der Blutwurst sollte derjenigen von Pudding entsprechen, wobei gleichmässig verteilte Einschlüsse von Zwiebelpartikeln erlaubt sind."

Blutwurst
So muss eine Blutwurst aussehen. © Christiane Oelrich/dpa

Bolliger (51) ist Schreiner und engagierter Hobbykoch. Er kocht gern vegetarisch, aber wenn Fleisch im Spiel ist, dann bitte richtig. Er wurstet selbst. "Es ist eine Frage des Respekts vor dem Tier, dass alles verwendet wird, von Schnauze bis Schwanz", sagt er. Vom "Schnörrli zum Schwänzli", wie es auf Schweizerdeutsch heisst.

Supermarkt-Kunde ist von der Industrie fehlgeleitet

Seine Leidenschaft für alles Saumässige ist offensichtlich. Wenn er ein Schlachtschwein beschreibt, das er sich liefern liess, wird seine Stimme ganz warm. Mindestens 12, 14 Monate müsse es sein, nicht wie im Supermarkt, wo meist Fleisch von hochgemästeten Tieren verkauft werde, die schon nach sechs Monaten geschlachtet wurden. Die Menschen seien von Fleischindustrie und Werbung gelenkt. Da würden Filets und andere Premiumstücke angepriesen, weil damit mehr Geld zu machen sei.

Der VBL wurde 1968 gegründet. "Da gab es immer mehr Edelfleisch in den Gaststätten", sagt Gründungsmitglied Kasper Aeberli. Sein Name, wie er stolz erzählt, ist die schweizerdeutsche Verniedlichungsform von Eber - ein kleines männliches Schwein. "Wir konnten uns das damals nicht leisten." So entstand die Idee einer Gegenbewegung "zur Verteidigung der traditionellen Verpflegung".

Heute leitet Aeberli die VBL-Kunstkommission, die mehr als 130 "schweinische Bilder" umfasst. "Anfangs haben wir die Kollektion bei den Metzgeten im Hinterzimmer mit eigener Malerei angereichert", sagt Aeberli.

Thüringer Bratwürste stehen hoch im Kurs

Bolliger hat vor der deutschen Wurstkunst höchsten Respekt. Er schwärmt von deutschen Kreationen und einem Besuch des VBL im Frühjahr 2018 beim "Verein der Freunde der Thüringer Bratwurst" in Holzhausen bei Arnstadt.

Peter Bolliger, Verein zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste, Schweiz, Metzgete
Schreiner Peter Bolliger, ist Präsident des schweizerischen "Vereins zur Förderung des Ansehens der Blut- und Leberwürste" (VBL). Regelmässig hält der Verein Schlemmerfeste ab, sogenannte Metzgeten. © Christiane Oelrich/dpa

Das Ansehen der Blutwurst fördert auch die französische "Bruderschaft der Ritter der Blutwurst" in der Normandie. Sie vergibt jedes Jahr Preise für die besten Blutwürste.

"Ein VBL-Mitglied zeichnet sich durch Genuss aus", sagt Bolliger. "Wir sind auch Leute, die kulturell gut geerdet sind."

Das finale "Fressen" findet 2067 statt

Bei der Metzgete bei Langenthal liefern Alphornbläser und eine Musikkapelle den Rahmen. Das Publikum ist jung bis alt, etwa die Hälfte Frauen. Der VBL hat seit ein paar Jahren wieder grossen Zulauf und etwa 100 Mitglieder. In gut 48 Jahren ist alles vorbei, im November 2067. So steht es in den Statuten: "Anlässlich der Auflösung ist das gesamte Vereinsvermögen bis auf den letzten Rappen an einer Metzgete zu verfressen."  © dpa

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