Ein seit Donnerstagnachmittag vermisster sechsjähriger Junge ist in Mecklenburg-Vorpommern Opfer eines Tötungsdelikts geworden. Die Obduktion habe ergeben, dass das Kind erstochen worden sei, teilte die Polizei mit. Die Ermittlungen laufen.

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Grausames Verbrechen im Osten Mecklenburgs: In Pragsdorf bei Neubrandenburg ist ein sechs Jahre alter Junge erstochen worden. Das ergab die rechtsmedizinische Untersuchung am Freitag, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Polizeitaucher suchen unter anderem mit einem Metalldetektor im Uferbereich des Sees in Pragsdorf bei Neubrandenburg nach Tatgegenständen. © picture alliance/dpa/Bernd Wüstneck

Der Leichnam wies mehrere Verletzungen auf, die von einem - noch unbekannten - Stichwerkzeug herrührten.

Die Polizei ermittelt wegen Totschlags und geht dabei mehreren Ermittlungsansätzen nach. Am Freitag fehlte von der Tatwaffe noch jede Spur. "Es sind zahlreiche Einsatzkräfte vor Ort, die mit Hunden nach dem Tatmittel suchen", sagte die Sprecherin weiter. Das müsse nicht zwangsläufig ein Messer sein.

Der Junge war am Donnerstagabend in der Nähe eines Bolzplatzes von Feuerwehrleuten mit "massiven Verletzungen am Oberkörper" in einem Gebüsch liegend gefunden worden, wie die Polizei mitteilte. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Zuvor hatte der Radiosender "Ostseewelle Hit-Radio Mecklenburg-Vorpommern" berichtet.

Junge hatte "massive Verletzungen am Oberkörper"

Der Junge war am Donnerstagabend in einem Gebüsch in der Nähe eines Bolzplatzes an einem See von Feuerwehrleuten mit "massiven Verletzungen am Oberkörper" gefunden worden. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsversuche von Medizinern und ein schneller Transport in eine Klinik blieben erfolglos. Die Ärzte konnten das Leben des Kindes nicht retten.

Die Eltern hatten den Sechsjährigen am Donnerstag wie häufig zum Spielen ins Dorf gelassen. Das Kind wurde dann als vermisst gemeldet, weil er nicht wie vereinbart wieder nach Hause gekommen war und erste Suchaktionen erfolglos geblieben waren. Die Vermisstenmeldung war laut Polizei kurz vor 20.00 Uhr eingegangen. Beamte umliegender Reviere und Bereitschaftspolizisten hätten den Bereich in Pragsdorf sofort durchsucht, sagte eine Polizeisprecherin. Etwa gegen 21.00 Uhr am Donnerstag wurde der leblose Junge von Feuerwehrleuten gefunden.

Bürgermeister beteiligt sich an Suchaktion

Unter den Suchenden war auch der Bürgermeister des 580-Einwohner-Ortes, Ralf Opitz. "Ich hatte mich auch an der Suche beteiligt - bis die Kameraden den schrecklichen Fund gemacht haben", sagte der 54-Jährige.

Ob der Fundort auch der Tatort ist, da wollte sich Staatsanwalt Wischmann noch nicht festlegen. Anwohner berichteten aber, dass sie am Donnerstag laute Stimmen am Bolzplatz gehört hätten, die möglicherweise von einem Streit herrühren könnten. Am Fundort konnte die Polizei laut Wischmann viele Spuren sichern.

Ein Polizist sichert den abgesperrten Fundort am See Pragsdorf bei Neubrandenburg. © Bernd Wüstneck/dpa

Suche nach der Tatwaffe hält an

Das Gelände war noch am Freitag weiträumig mit rot-weissem Flatterband abgesperrt. Polizisten und Helfer suchten nach einer Tatwaffe und anderen Beweisstücken. In der Nähe des Sees kam dabei auch ein Metalldetektor zum Einsatz. Auch Taucher rückten an - bisher aber ohne Erfolg, hiess es. Am Nachmittag wurden Suchketten mit je 25 Beamten gebildet. Sie streiften mit langen Eisenstangen systematisch die Fläche ab, sich langsam vom See entfernend.

Im Dorf waren am Freitag überhaupt viel Bewegung. Etliche Reporter versuchten, die Einwohner zu befragen - was einige als befremdlich empfanden. Aber auch die Bewohner selbst waren unterwegs: Sie wurden von der Polizei in ein Feuerwehr- und Gemeindehaus gebeten, wo sie zu den Ereignissen befragt wurden. Wenn sich Bewohner danach begegneten, tauschten sie sich auch aus.

Motiv und Tathergang noch unklar

"Die Anteilnahme und die Aussagebereitschaft sind sehr hoch - das muss nun erst mal aufgeschrieben und verglichen werden", sagte eine Polizeisprecherin. Sollte man keinen Verdächtigen finden, würden die Ermittlungen am Wochenende fortgesetzt. Auch zum Motiv könne man noch nichts sagen.

Die Gemeinde Pragsdorf hatte am Freitagmorgen auf der Internetplattform Facebook ihre Trauer nach dem Tod des Kindes bekundet. "Mit Trauer und Bestürzung haben wir heute früh vom schrecklichen Gewaltverbrechen und dem Tod von J. erfahren. Die Gedanken sind derzeit natürlich vor allem bei der Familie und den Angehörigen", hiess es. Gleichzeitig bat man darum, brauchbare Hinweise umgehend der Polizei zu melden.

Spendenaktion und Andacht

Auf der Facebook-Seite der Gemeinde wurde auch auf eine Spendenaktion für die Familie des toten Kindes hingewiesen. Innerhalb weniger Stunden waren bereits rund 20.000 Euro gesammelt worden.

Am Freitagabend erinnerten die Bewohner Pragsdorfs mit einem stillen Gedenken an den Jungen. Etwa 200 Menschen kamen in die Kirche, um den betroffenen Eltern ihre Anteilnahme zu zeigen, wie Pastor Heye Osterwald sagte. Das Gotteshaus sei - im Beisein der Eltern des getöteten Jungen - bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen.

"Die Menschen haben gezeigt, dass sie die Eltern mit ihrer Trauer nicht allein lassen", sagte Bürgermeister Opitz. Zu dem Gedenken hatte die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Alt Käbelich-Warlin eingeladen, zu der Pragsdorf gehört.

Todesopfer ging erst seit wenigen Wochen in die Schule

Der Junge ist laut Bürgermeister Ralf Opitz erst im August eingeschult worden. Das Schweriner Bildungsministerium teilte mit, dass Psychologen die Mitschülerinnen und Mitschüler sowie das Lehrpersonal unterstützen sollen. Zudem sei ein Trauerort in der Schule eingerichtet worden.

"Während uns der Todesfall höchst betroffen und sprachlos zurücklässt, ist es unsere Aufgabe und Pflicht, nun die Familien und Freunde, Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte dabei zu unterstützen, mit der unfassbaren Situation umzugehen", wurde Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) zitiert. "Ihnen gilt mein tief empfundenes Mitgefühl."

Ab Montag werde an der betroffenen Schule für eine gesamte Woche auf Leistungskontrollen verzichtet. Schulpsychologinnen seien vor Ort. An Eltern sei ein Brief mit Unterstützungsangeboten verschickt worden. Betroffene sollen auf Wunsch ebenfalls psychologisch begleitet werden. (AFP/dpa/ank/lag/fte)

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