Die Freizügigkeit einer Bundeshaus-Sekretärin kostet sie womöglich ihren Job: Sie stellte regelmässig Nacktbilder von sich online, die sie an ihrem Arbeitsplatz geschossen hat. Das mag geschmacklos sein, aber verstösst es auch gegen das Recht? Wir haben mit einem Arbeitsrechtsexperten gesprochen, was im Umgang mit Selfies und Social Media rechtlich zu beachten ist.

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Herr Ordás, eine Sekretärin des Parlamentsdienstes hat Nackt-Selfies von sich im Bundeshaus bei Twitter gepostet. Das hat für Aufsehen gesorgt. Denn das Licht, was nun auf den Arbeitgeber geworfen wird, ist nicht unbedingt ein gutes. Wie kann ein Arbeitgeber auf einen solchen Vorfall reagieren?

Daniel Ordás: Das schweizerische Arbeitsrecht sieht eine generelle Treuepflicht des Arbeitsnehmers gegenüber dem Arbeitsgeber vor. Diese enthält nebst der sorgfältigen Erfüllung der Arbeit auch alle anderen Verhaltensweisen, die notwendig sind die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu schützen. Das Herabsetzen des Ansehens des Arbeitgebers ist eine Treupflichtverletzung.

Im konkreten Fall der Bundeshaus-Sekretärin kommt zudem noch hinzu, dass die Fotos anscheinend während der Arbeitszeit entstanden sind. Im Umkehrschluss hat die Frau auch nicht gearbeitet, wenn sie es hätte sollen.

Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, ob er gegen einen solchen Treuebruch vorgehen will. Wie er vorgehen darf, richtet sich nach den konkreten Umständen des einzelnen Falls. Konsequenzen überspannen hier das ganze Sanktionenspektrum von der mündlichen Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung. Scheinen strafrechtliche Tatbestände wie beispielsweise Verleumdung oder Beschimpfung erfüllt, steht dem Arbeitgeber selbstredend auch eine Strafanzeige gegen den fehlbaren Mitarbeiter offen.

Gibt es bereits Gerichtsentscheidungen zu unangemessenen Selfies in der Schweiz oder zu anderen Mitarbeiterpostings im Social Web?

Ein Grossteil der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung betrifft private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit und/oder auf der Betriebsinfrastruktur. Die Beurteilung des Inhalts dieser Nutzung richtet sich nach den ganz normalen Regeln der Treupflichten gegenüber dem Arbeitgeber. Was sie mitteilen ist weit wichtiger als der Kanal über den ihre Mitteilung verbreitet wird. Zu unterscheiden ist oft genug auch, ob eine Äusserung öffentlich oder privat gemacht wurde. Das Bundesgericht spricht von Öffentlichkeit wenn eine Sache oder Aussage - auch ein Bild ist eine Aussage - eine grösseren Anzahl, untereinander nicht verbundener Personen zugeht. Das Zürcher Obergericht hat kürzlich die 290 Facebookfreunde einer Person als Öffentlichkeit qualifiziert.

Gelten für Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst andere Bestimmungen als für andere?

Das Personal der Gemeinwesen untersteht in der Tat strengeren Treuepflichten und regelmässig eben auch dem Amtsgeheimnis. Diese Angestellten repräsentieren das jeweilige Gemeinwesen und haben das Vertrauen des Bürgers in das Gemeinwesen zu wahren. Gleich wie in einem privaten Arbeitsverhältnis ist aber sicher auch die Position des jeweiligen Angestellten oder Amtsträgers von Bedeutung. An eine Bundesrichterin bestehen sicher höhere Anforderungen bezüglich "würdewahrenden Verhaltens", als an einen Zeughausmitarbeiter der untersten Lohnklasse.

Wie sollten Arbeitgeber vorbeugen, um Vorfälle wie diese zu vermeiden?

Grundsätzlich ist es eine rein organisatorische Frage, wie ein Arbeitgeber sich vor solchen Fällen schützt. Das Recht stellt hier lediglich Mittel zu Verfügung und setzt Grenzen.

Es besteht die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag gewisse Verbote und Verhaltensvorschriften festzuhalten. Diese dürfen aber den Arbeitnehmer in seiner Persönlichkeitsentfaltung eben nur soweit einschränken, wie es die berechtigten Interessen des Arbeitgebers notwendig machen.

Daniel Ordás ist ein Spanisch-Schweizerischer Jurist aus Basel. Er ist zudem ehemaliger Verleger des Polit-Magazins "Statements Magazin". Als Anwalt in der "Advokatur & Rechtsberatung TRIAS AG" ist Daniel Ordás in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten tätig.
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