In der Schweiz nimmt der erste amtliche Strichplatz mit Verrichtungs-Boxen am Montag um 19 Uhr seinen Betrieb auf. Zum Tag der Offenen Tür in Zürich war das Interesse der Eidgenossen sehr gross. Hinter dem Hauptbahnhof schirmen künftig blickdichte Sexboxen Prostituierte von neugierigen Blicken ab. Der Strassenstrich soll damit der Vergangenheit angehören.
Der Strichplatz in Zürich-Altstetten erinnert an einen Drive-in eines Schnellrestaurants. Von 19 bis 5 Uhr können Freier mit ihrem Auto in den Rundkurs der Garagenanlage einfahren. Am Eingang kurbelt er seine Scheibe runter und handelt die Details zu Preis und Leistung aus. Dann geht es in eine der zehn Sexboxen, die offiziell Verrichtungs-Boxen heissen. Alternativ stehen aber auch vier Wohnmobile zur Verfügung. Auf dem Gelände gibt es auch sanitäre Anlagen. Einmal die Woche kommt eine Ärztin vorbei.
Schweizer Gründlichkeit
Auf dem Strichplatz, der sich über einen Rundkurs von 220 Metern erstreckt, herrschen strenge Spielregeln. Eine Tafel mit Piktogrammen am Eingang erklärt, was gestattet ist und was nicht. Sex ist nur im Auto erlaubt, Motorradfahrer haben das Nachsehen. Auch Fussgänger und Radfahrer müssen draussen bleiben. Und nur ein Freier pro Auto darf die Dienstleistung nutzen, Beifahrer sind verboten.
In den neuen Strichplatz von Zürich wurden 2,4 Millionen Franken (ca 1,94 Millionen Euro) an Steuergeldern investiert. Die Verrichtungsboxen sehen aus wie Carports mit blickdichter Holzverkleidung an den Wänden. Als Vorbild dienten ähnliche Anlagen in Utrecht, Köln und Essen. Die Einfahrt ist sehr knapp bemessen. Auf der linken Seite kann der Freier seine Tür nur einen Spalt breit öffnen, während es auf der rechten Seite einen Gehweg gibt. Alles zum Schutz der Prostituierten, denn im Notfall können diese das Auto schnell verlassen und den grossen Alarmknopf an der rechten Wand drücken. Sofort schaltet sich Flutlicht in der Box ein und die Polizei eilt herbei.
Gespaltene Meinungen
Die Schweizer Beamten glauben, dass die Prostituierten die neuen Sexboxen willkommen heissen. Schliesslich ermögliche die Einrichtung ein effizienteres Arbeiten. Statt auf dem Strassenstrich in das Auto eines Freiers zu steigen und später irgendwo ausgesetzt zu werden, befinden sich die Damen immer an ihrem Arbeitsplatz. Die zeitfressenden Fahrten fallen weg. Doch die Prostituierten äusserten bereits Kritik. Auf dem Strassenstrich hätten Freier eine ganze Nacht bei sich zu Hause gebucht, das sei mit den Sexboxen vorbei.
Weg von der Strasse
Der bislang grösste Schweizer Strassenstrich befand sich unweit der Altstadt von Zürich am Ufer des Flusses Sihl. Regelmässig kam es am Sihlquai zu Auseinandersetzungen, Gaffer trieben ihr Unwesen und Betrunkene sorgten für Ärger. Die sündige Meile soll nun der Vergangenheit angehören. Der Strassenstrich ist geschlossen. Neue Verkehrsschilder mit roten, aufgespannten Schirmen weisen Freiern den Weg zum Strichplatz mit den Sexboxen. Schirme stehen in Osteuropa symbolisch für Sex gegen Geld. (ake)
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