Fast zwei Wochen hoffte ganz Spanien, dass Julen seinen Sturz in ein Bohrloch überlebt haben könnte. Doch aus Befürchtungen wurde traurige Gewissheit: Der Zweijährige ist tot. Zumindest ist jetzt klar: Er musste nicht lange leiden.

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Spanien trauert und leidet mit den Eltern des kleinen Julen. Der zweijährige Junge war in der Nacht zum Samstag nach fast zweiwöchigen, komplizierten Bergungsarbeiten in einem tiefen Bohrloch gefunden worden - jedoch konnten die Einsatzkräfte nur noch seine Leiche bergen.

Eine Autopsie am Samstag habe ergeben, dass der Kleine offenbar bereits am Tag des Sturzes am 13. Januar an schweren Kopfverletzungen gestorben sei, berichteten spanische Medien unter Berufung auf den vorläufigen Obduktionsbericht.

Julen in Málaga beerdigt

"Als der Kleine entdeckt wurde, herrschte im Schacht eine Stunde lang totale Stille", beschrieb einer der Helfer die Reaktion seiner Kollegen.

Innenminister Fernando Grande-Marlaska dankte allen für ihren unermüdlichen Einsatz. "Es wurde alles Menschenmögliche getan", sagte er.

Am frühen Sonntagnachmittag wurde Julen im Viertel El Palo der andalusischen Stadt Málaga unter riesiger Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Tränen und weisse Blumen hätten die Beerdigungszeremonie geprägt, schrieben Medien.

Den Untersuchungen zufolge ist der Junge "im freien Fall" 71 Meter tief gestürzt, bevor eine Erdschicht seinen Körper stoppte. Offenbar löste sich dabei Gestein, das von oben auf ihn herabfiel und tödlich am Kopf verletzte. Er starb demnach an einem Schädel-Hirn-Trauma.

Ganz Spanien hatte nach Bekanntwerden des Unglücks fast 13 Tage lang die aufwendigen Bergungsarbeiten verfolgt und auf ein Wunder gehofft. Solidaritätsbekundungen gab es auch aus vielen anderen Teilen der Welt.

Die Hoffnung zerplatzte schliesslich mitten in der Nacht: Um 2:21 Uhr am frühen Samstagmorgen kam die amtliche Mitteilung, dass der verschollene Junge nur tot geborgen werden konnte.

"Nicht noch einmal, nein!" hörte ein AFP-Fotograf Julens Vater in der Nacht rufen, nachdem die Nachricht vom Tod des Kleinen bekannt geworden war.

Julens Eltern hatten 2017 ihren ersten Sohn verloren: Oliver war im Alter von drei Jahren bei einem Strandspaziergang an Herzversagen gestorben. Er litt an einem Herzfehler.

Die Eltern, weitere Angehörige und Freunde hatten seit Julens Verschwinden in der Nähe der Unglücksstelle in Totalán ausgeharrt. Sie werden nun von Psychologen betreut.

Hunderte Einsatzkräfte hatten zuvor Tag und Nacht gearbeitet, um den Kleinen auf dem schwer zugänglichen Hügel Cerro de la Corona in Totalán unweit von Málaga zu finden.

Beim Picknick nimmt das Unglück seinen Lauf

Julen war bei einem Ausflug mit seiner Familie in das illegal auf der Suche nach Wasser gegrabene Loch gefallen. Seine Eltern hatten in der Nähe gepicknickt. Bei Kameraaufnahmen war im Schacht eine Tüte mit Süssigkeiten entdeckt worden, die er bei sich hatte. Später wurden Haare des Jungen gefunden.

Weil der 107 Meter tiefe Schacht, in dem das Kind steckte, nur 25 Zentimeter breit war, mussten die Retter zunächst einen Parrallelschacht bohren und anschliessend mit Hilfe von Bergarbeitern manuell einen vier Meter langen Tunnel zu der Stelle graben, an der der Junge vermutet und letztlich auch gefunden wurde.

Wegen der Härte des Gesteins kam es immer wieder zu Verzögerungen. Auch waren mehrere Mikrosprengungen nötig, um sich zu dem Kind vorzuarbeiten.

Ganz Spanien trauert mit den Eltern

Nach dem tragischen Ausgang gab es riesige Anteilnahme. "Ganz Spanien teilt die unendliche Traurigkeit von Julens Familie", twitterte Ministerpräsident Pedro Sánchez, der auch den Helfern dankte.

König Felipe VI. sprach der Familie des Jungen sein "tiefempfundenes Beileid" aus. Das Königshaus sprach seinen "tiefsten Schmerz" und der Familie sein Beileid aus.

Die Polizeieinheit Guardia Civil, deren Sprengstoffexperten bei dem Bergungseinsatz geholfen hatten, twitterte das Bild eines weinenden Auges. "Leider war es trotz so grosser Anstrengungen so vieler Menschen nicht möglich...", hiess es dazu.
Der Einsatz sei eine "enorme Aufgabe" gewesen, sagte Präfekt Gómez de Celis am Samstagmorgen. Die Helfer hätten in kurzer Zeit 85.000 Tonnen Erde bewegt, "während der Berg uns immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt hat".

Die Stadt Málaga verkündete eine dreitägige Trauer.

Politiker, Persönlichkeiten wie die italienische Sängerin Laura Pausini ("Ich kann es nicht glauben") und Hollywoodstar Antonio Banderas ("erschüttert"), der spanische Fussballverband sowie viele Menschen im Ausland versuchten, den Eltern José und Victoria auf den sozialen Netzwerken Trost zuzusprechen.

Nicht wenige hatten bis zuletzt an das vielbeschworene "Wunder von Totalán" geglaubt. In vielen Kirchen wurde tagelang für den Kleinen gebetet, Bürger organisierten Wachen.

Jedoch waren die Hoffnungen auf ein glückliches Ende mit jedem Tag geschrumpft. Die spanische Zivilgarde schrieb: "Leider haben wir es trotz aller Bemühungen so vieler Menschen nicht geschafft ... Ruhe in Frieden, Julen." (ank/dpa/afp)

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