Der Missbrauchsfall Münster ist längst nicht zu Ende ermittelt. Viele der entdeckten Datenträger sind nicht einmal entschlüsselt. Doch drei Monate nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben.

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Im Missbrauchsfall Münster hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen fünf Beschuldigte erhoben. Dabei steht ein 27-Jähriger im Mittelpunkt. Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Münster soll er über Jahre bei mindestens 26 Gelegenheiten den Sohn seiner Lebensgefährtin vergewaltigt haben.

Der Tatvorwurf lautet auf schweren sexuellen Missbrauch und Beihilfe. Ein Ort für den Missbrauch war eine in der Zwischenzeit abgerissene Gartenlaube in einem Kleingartenverein in Münster.

Hier sollen sich vier der Angeschuldigten vom 24. bis 26. April getroffen haben. Zwei von ihnen hatten in dieser Zeit Geburtstag. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war Ziel des Treffens, die beiden Kinder über mehrere Tage schwer sexuell zu missbrauchen.

Opfer sollen zum Teil betäubt worden sein

Ein weiterer bekannter Ort ist ein Waldstück bei Köln. Hier soll bei einem Treffen ein Kind in einem Auto vergewaltigt worden sein. Die Opfer sollen nach bisherigen Erkenntnissen zum Teil betäubt worden sein.

Angeklagt sind die 45 Jahre alte Mutter des 27-Jährigen, ein 30 Jahre alter Mann aus Staufenberg in Hessen, ein 42-Jähriger aus Schorfheide in Brandenburg und ein 35-Jähriger aus Hannover.

Laut Anklage sollen die Männer zu unterschiedlichen Zeitpunkten mehrere Kinder zum Teil gemeinsam vergewaltigt haben. Der 27-Jährige soll den Jungen dabei über das Internet über spezielle Plattformen angeboten haben.

Opfer sollen laut Anklage der fünfjährige Sohn des Mannes aus Staufenberg und der zehn Jahre alte Sohn der Lebensgefährtin des Münsteraners gewesen sein.

Datenspeicher des Angeklagten sind hochgradig verschlüsselt

Die Anklageschrift umfasst Tatvorwürfe aus den Jahren 2018 bis 2020. Die in U-Haft sitzenden Männer und eine Frau schweigen bislang. Der 27-Jährige ist IT-Fachmann. Seine Computer und Datenspeicher waren hochgradig verschlüsselt.

Bislang ist es den Experten nur zu einem Teil gelungen, das Material zu entschlüsseln. Auf das dabei entdeckte Foto- und Videomaterial stützt sich jetzt die Anklage. Allein zur Gartenlaube liegen den Ermittlern 30 Stunden Filmmaterial vor.

Mutter soll ihrem Sohn die Laube überlassen haben

Der Mutter des Hauptangeschuldigten gehörte die heute abgerissene Hütte im Norden von Münster. Sie soll die Laube ihrem Sohn in dem Wissen überlassen haben, dass dort Kinder missbraucht werden.

Bei dem Angeschuldigten aus Staufenberg besteht der Verdacht, dass er neben seinem Sohn auch die zwei Jahre jüngere Tochter missbraucht hat. Hier liegen entsprechende Fotos mit einem jungen Mädchen vor. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die damals Fünfjährige auf dem Bild zu sehen ist.

Die weiteren Ermittlungen der Polizei gelten der Auswertung von weiteren Speichermedien. Auch ist noch die Frage offen, ob die Mütter der zwei betroffenen Kinder sich strafbar gemacht haben.

Über die Zulassung der Anklage muss jetzt das Landgericht Münster entscheiden. Nach Lügde und Bergisch Gladbach ist Münster der dritte grosse Missbrauchsfall in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren.

Durch die Ermittlungen im Missbrauchsfall Münster gab es Festnahmen in weiteren Bundesländern, zuletzt in Dresden und Pirna. Anfang August war ein Franzose (62) in Saarbrücken festgenommen worden. Er soll einen Jungen in Pulheim bei Köln missbraucht haben. Der 27-Jährige aus Münster soll ihm das Kind im Dezember 2018 zugeführt haben.  © dpa

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