In Sozialen Netzwerken war die Empörung über die Gewalt in Stuttgart gross. Nutzer teilten Fotos von vier verletzten Polizisten. Doch die Bilder sind viele Jahre alt und stammen aus Australien. Warnung: In diesem Artikel sind Bilder zu sehen, die zum Teil schwer verletzte Menschen zeigen.
In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni kam es in der Stuttgarter Innenstadt zu Krawallen: Mehrere hundert zumeist junge Menschen griffen laut Polizei Beamte an und verwüsteten Geschäfte oder zerstörten Schaufenster. In Sozialen Netzwerken wurde in den Tagen danach die Wut über diese Ereignisse noch angefacht.
Eine Collage mit vier Fotos von zum Teil schwer verletzten Polizisten und einer Polizistin wurde viele tausend Mal geteilt. "Stuttgart: Wo bleiben jetzt die Demos...", schrieb zum Beispiel ein Facebook-Nutzer dazu.
Vier Fotos sind nicht von Polizisten aus Stuttgart
Nach Recherchen von CORRECTIV.Faktencheck zeigen die vier Fotos jedoch nicht das, was behauptet wird. Sie sind teils viele Jahre alt und stammen alle aus Australien.
Randale und Krawalle in Stuttgart: Polizisten bei Strassenschlachten attackiert
Schon die Uniformen der abgebildeten Menschen geben Hinweise darauf, dass die Bilder nicht aus Deutschland sein können. Auf dem Hemd eines der Männer sind die Buchstaben "POLI" zu lesen. Mit Hilfe der Bilder-Rückwärtssuchen von Suchmaschinen wie Google, Yandex oder Tineye lässt sich der Ursprung von den Fotos aber mit grösserer Sicherheit herausfinden.
Woher die Fotos stammen:
Wir konnten die Bilder aller vier Personen in der Collage in älteren Medienberichten aus Australien finden.
- Das Bild eines knienden Polizisten stammt demnach aus Sydney und ist von 2012.
- Das Foto der Frau ist ebenfalls aus Sydney, laut Medienberichten wurde sie dort 2019 von einem Mann angegriffen.
- Der dritte Polizist wurde 2006 in einem Hotel in Meekatharra (in Western Australia) verprügelt.
- Und das vierte Foto des am schwersten verletzten Mannes stammt laut Berichten aus Wyndham in Western Australia. Der Polizist sei im Dezember 2009 mit einem Stock ins Gesicht geschlagen worden, als er bei einer Auseinandersetzung zwischen etwa 80 Personen einschreiten wollte.
Fotos in falschem Kontext werden oft genutzt, um Menschen in die Irre zu führen
Fotos oder Videos werden oft in einem falschen Kontext verwendet; es handelt sich um eine sehr einfache, aber effektive Art der Irreführung. CORRECTIV hat bereits viele solcher Fälle recherchiert – zum Beispiel im Zusammenhang mit den Ausschreitungen an der griechisch-türkischen Grenze Anfang des Jahres, oder kürzlich im Zusammenhang mit dem Tod von George Floyd in den USA.
Dramatische Bilder werden dabei besonders häufig genutzt, um politische Stimmung zu machen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.