Mangelware Medikamente: In der Schweiz sollen fast 600 wichtige Arzneien und Impfstoffe fehlen. Grund dafür sind Lieferengpässe.

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Schon im Juni wurde bekannt, dass schweizweit fast 600 wichtige Arzneien und Impfstoffe fehlen. Wie SRF berichtet, hat sich die Situation noch immer nicht entspannt.

Lieferengpässe bei 574 Medikamenten

Die Datenbank "drughortage.ch" listet weiterhin 574 Lieferengpässe auf. Müssen Ärzte auf andere Medikamente ausweichen, kann dies mitunter schwere gesundheitliche Probleme hervorrufen.

"Immer wieder muss man auf Präparate mit zum Teil stärkeren Nebenwirkungen ausweichen", sagt Hausarzt Carlos Beat Quinto dem SRF. Es gehe vor allem um Schmerzmittel, Medikamente zur Behandlung von Osteoporose oder auch Impfstoffe.

Ganze Medikamentengruppen seien fast überhaupt nicht mehr verfügbar. Dazu gehören laut Enea Martinelli, der "drughortage.ch" betreut, Epilepsie- und Parkinson-Medikamente. Auch Mittel gegen Bluthochdruck und Antibabypillen würden knapp. "Die Situation ist extrem unangenehm und extrem aufwendig", resümiert Spitalapotheker Martinelli.

Wie kommt es zu den Engpässen?

Die Gründe für die Engpässe sind vielfältig. Der Kern liege jedoch in finanziellen Mitteln. Für eine gewinnbringende Produktion seien Medikamente wie Aspirin oder Iboprofen schlicht zu günstig. Und weil die Preise dauerhaft niedrig bleiben, stelle sie kaum noch eine Firma her.

Erschwerend komme hinzu, dass viele Unternehmen die Wirkstoffe für ihre Medikamente nicht mehr selbst herstellen, sondern von Dritten beziehen und aus Kostengründen in Asien produzieren lassen.

"Die Produktion von Wirkstoffen beschränkt sich heute auf sehr wenige Orte", sagt Fabian Vaucher vom Apothekerverband. In gewissen Fällen würden die Hersteller, etwa bei Antibiotika, ihre Wirkstoffe zudem von demselben Anbieter beziehen. Fällt dieser aus, kommt es weltweit rasch zu einem Engpass, der einen Dominoeffekt auslöst.

Schweiz muss jetzt handeln

Gerade in Hinblick auf die Exportverbote, die derzeit in Nachbarländern diskutiert werden, sieht Martinelli dringenden Handlungsbedarf bei den zuständigen Bundesämtern. "Wenn es so weitergeht, fliegt das dem Bund am Schluss um die Ohren", sagt der Spitalapotheker.

Hausarzt Carlos Beat Quinto schliesst sich an und fordert eine Krisensitzung mit allen involvierten Stellen. "Es müssten alle an einen Tisch sitzen und schauen, was von der Schweiz aus machbar ist, um die Situation zu verbessern." (jkl)  © 1&1 Mail & Media/spot on news

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