Er wird "Cyber-Apostel", "Internet-Patron" und "Gottes Influencer" genannt: Die Rede ist von Carlo Acutis, einem Teenager, der mit 15 Jahren gestorben ist und nun heiliggesprochen werden soll. Was steckt hinter dem Kult um ihn und wer war er?
Der "Schutz-Patron des Internets", der selige Carlo Acutis, war ein ganz normaler Teenager – mit einigen Besonderheiten. So könnte man den Italiener, der mit 15 Jahren starb, in kurzen Worten beschreiben. Im April soll der 2006 verstorbene Jugendliche heiliggesprochen werden – wenn es die Gesundheit von Papst Franziskus zulässt.
Um Carlo Acutis hat sich ein regelrechter Kult entwickelt. Die Popularität der italienischen Stadt Assisi, der Geburtsort des heiligen
Hinter "Gottes Influencer" steckt ein Jugendlicher, der sozial gut integriert war, der Playstation spielte, Fussballfan war und Actionfilme mochte. Aber hinter Carlo Acutis steckt auch ein Teenager, der bereits sehr früh den Weg zum Glauben fand – und das in einer Familie, die nicht besonders religiös war.
Schon als Kleinkind mit Gott verbunden
"In allen Dingen war er stets der Zeit voraus", erzählt seine Mutter in einem Interview mit "Spirit", einer Sendung der katholischen Hilfsorganisation "Kirche in Not Deutschland". Laut Antonia Salzano Acutis sprach Carlo sein erstes Wort mit drei Monaten, mit fünf Monaten konnte er sprechen. "Er war gerade mal drei Jahre alt, da wollte er bereits, sobald er eine Kirche sah, hineingehen. Dann blieb er vor dem gekreuzigten Jesus oder beim Tabernakel stehen – er sehnte sich nach diesem Kontakt mit Gott, den er sein ganzes Leben lang aufrechterhielt", sagt seine Mutter. Zum Glauben fand er durch sein polnisches Kindermädchen.
Die Erstkommunion empfing Carlo Acutis mit sieben Jahren, zu diesem Anlass schrieb er auf: "Mit Jesus vereint zu sein, das ist mein Lebensprogramm." Seitdem ging er seiner Mutter zufolge jeden Tag zur Heiligen Messe und hielt täglich vor und nach der Messe eucharistische Anbetung. Mit fünf Jahren betete er bereits jeden Tag den Rosenkranz. "Er liebte es, die Heilige Schrift zu lesen", so Antonia Salzano Acutis.
Ein ganz normaler Teenager?
"Carlo war ein sehr offener, sympathischer und fröhlicher Junge, einer, der immer lächelte. Und vor allem einer, der sich niemals beschwerte. Er war immer positiv, optimistisch und sehr gehorsam", beschreibt Carlos Mutter seinen Charakter.
"Er war auch ein Junge der heutigen Zeit", erzählt sie weiter. "Er liebte die Technologie. Er galt als Computergenie. Als er neun war, las er bereits Texte über Ingenieurwesen und Informatik, die wir in der Buchhandlung der polytechnischen Universität Mailand gekauft hatten. Aber er nutzte dies alles, um die gute Nachricht zu verbreiten: das Evangelium." Wie Carlos Mutter betont, mochten ihn seine Freunde und Mitmenschen sehr gerne, er stiess bei nicht-religiösen Menschen nie auf Ablehnung.
Zu Carlos Hobbys zählte auch das Erstellen von Internetseiten. Bereits mit elf Jahren soll er sein wohl bekanntestes Werk geschaffen haben: ein Internetverzeichnis eucharistischer Wunder. Nach seinem Tod wurde eine daraus entwickelte Ausstellung in Pfarreien und Wallfahrtsorten auf der ganzen Welt gezeigt.

Carlo Acutis starb sehr plötzlich
Anfang Oktober 2006 erkrankte Carlo – zunächst schien es eine ganz normale Erkältung zu sein. Doch dann wurde bei ihm eine akute Leukämie diagnostiziert. Innerhalb weniger Tage starb Carlo Acutis am 12. Oktober 2006 im Alter von 15 Jahren an Herzversagen.
"Der Tod war für Carlo wirklich der Übergang in das wahre Leben", sagt seine Mutter. "Er hatte überhaupt keine Angst. Er sagte, dass wir von Raupen zu Schmetterlingen werden, wenn wir sterben. Und dort in der Ewigkeit beginnt das wahre Leben."
Auf Fragen nach seiner Zukunft habe er bereits vor der Erkrankung oft geantwortet, dass man sich lieber um das Hier und Jetzt kümmern solle – wer wisse schon, was einmal sei und ob man dann noch am Leben sei. "Er hat sehr seltsame Antworten gegeben. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, sie erschreckten mich. Er sprach manchmal wie ein weiser alter Mann. Aus dem Mund eines Kindes solche Worte zu hören, erstaunte mich", so Antonia Salzano Acutis. Als er ins Krankenhaus kam, sagte er demnach: "Mama, ich werde von dort nicht mehr lebend herauskommen. Aber mach dir keine Sorgen, denn ich werde dir viele Zeichen schicken."
Der Weg zu Heilig- und Seligsprechung: Die beiden Wunder
Vier Jahre nach seinem Tod soll Carlo Acutis sein erstes Wunder vollbracht haben. Dieses war notwendig für die spätere Seligsprechung. Ein brasilianischer Junge, der eine angeborene Krankheit an der Bauspeicheldrüse hatte, soll im Februar 2011 vollständig genesen sein. Diese Heilung wurde mit einer Reliquie von Carlo Acutis in Verbindung gebracht, die der Junge im Oktober 2010 berührt haben soll. Das Wunder wurde vom Papst anerkannt und so wurde Carlo Acutis im Oktober 2020 in Assisi seliggesprochen.

Für das Verfahren zur Heiligsprechung war ein weiteres Wunder vonnöten. Eine junge Frau hatte sich bei einem Fahrradunfall im Juli 2022 schwere Kopfverletzungen zugezogen und lag im Koma. Ihre Mutter betete offenbar einen Tag lang vor Carlo Acutis' Sarg und bat um Heilung. Zurück am Krankenbett soll die Tochter wieder geatmet haben. Auch dieses Wunder erkannte Papst Franziskus an. Heiliggesprochen werden soll Carlo Acutis nun zwischen dem 25. und 27. April 2025.
Skurrilitäten rund um Carlo Acutis
Skurril mutet Carlo Acutis' Bestattungsort an: Seinem Wunsch nach wurde er in Assisi beerdigt, 2019 jedoch exhumiert. Der Leichnam des 15-Jährigen wurde anschliessend in einem Sargmonument in der Kirche Santa Maria Maggiore in Assisi beigesetzt.
Im Oktober 2020 konnte man durch eine Glasscheibe in die Grabkammer blicken, auch heute noch wird die Platte immer wieder zur Verehrung des Toten entfernt. Zu sehen ist Carlo Acutis dort in Trainingsjacke, Sneakern und Jeans, in den gefalteten Händen hält er einen Rosenkranz.
Auch sein Herz wurde entnommen und 2022 in einem Seitenaltar des Doms San Rufino in Assisi bestattet. Die Reliquie ging im Juli 2024 auf Europatour, auch in München und im Kloster Weltenburg war sie zu sehen.
So wundersam die Geschichte um Carlo Acutis scheint, es gibt auch viele Fragezeichen. Seine bekannteste Website, das Verzeichnis eucharistischer Wunder, lässt sich nur bis September 2008 zurückverfolgen – zu diesem Zeitpunkt war er aber schon zwei Jahre tot.
Gute Werbung für die Kirche
Seine Mutter fördert seine Verehrung mit vielen Interviews, sie schrieb auch ein Buch über ihn. Doch nicht alles, was sie sagt, scheint zu stimmen. So behauptete sie, wie auch andere von Acutis' Anhängern in den sozialen Medien, bei seiner Exhumierung sei der Leichnam unversehrt gewesen – was die katholische Kirche später dementierte. Gesicht und Hände wurden für die öffentliche Aufbahrung wiederhergestellt, der Körper behandelt.
Ein Internet-Freak, ein ganz normaler Teenager, wird heiliggesprochen: Nicht zuletzt für die Kirche ist dieser Akt auch gute Werbung. Der 15-Jährige ist mit seiner Internetaffinität und seinen positiven Eigenschaften ein ideales Vorbild für junge Christen. Papst Franziskus gilt als bescheiden, er legt Wert auf eine Kirche, die auf die Armen zugeht. Auch dazu passt Carlo Acutis. Für den Kult um ihn sorgen etwa die Tour seiner Herz-Reliquie und die Ausstellung über sein Verzeichnis der eucharistischen Wunder. In den US-Kinos soll im April auch ein Film über ihn erscheinen – das Doku-Drama "Carlo Acutis: Roadmap to Reality". Für die Heiligsprechung werden bereits organisierte Reisen und Wallfahrten angeboten – viele wollen dabei sein, wenn im April der erste Millennial zu einem Heiligen wird.
Verwendete Quellen
- Kirche in Not Deutschland: Warum wird Carlo Acutis als Heiliger verehrt?
- Wayback Machine: www.miracolieucaristici.org
- Kirche in Not Deutschland: Seliger Carlo Acutis – Influencer Gottes und Cyber-Apostel der Eucharistie
- Katholisch.de: Carlo Acutis wird ein Seliger: Kult um 15-Jährigen sorgt für Aufsehen
- Domradio.de: Traditionelles Christentum modern gelebt
- carloacutis.de: Homepage des Seligen Carlo Acutis