Die thailändischen Jugendlichen und ihr Trainer, die seit Tagen in einer überfluteten Höhle eingeschlossen sind, leben. Doch ihre Lage spitzt sich immer weiter zu. Eine ganze Reihe von Faktoren erschwert ihre Rettung. Und könnte sie das Leben kosten.
Es war schon ein Wunder, dass die zwölf Jugendfussballer und ihr Trainer lebend gefunden wurden. Über eine Woche hatten sie im Dunkeln einer Höhle ausharren müssen, eingeschlossen von Regenwasser, drei Kilometer weit im Inneren.
Doch auch wenn sie leben: In Sicherheit sind sie noch lange nicht. Und mit jedem Tag wird ihre Situation dramatischer.
In unserem Live-Blog können Sie die Höhlenrettung in Thailand verfolgen.
Was die Lage der Mannschaft so schwierig macht
Der Sauerstoff
Aktuell liegt die Sauerstoffsättigung der Luft in der Höhle bei 15 Prozent. Normal sind rund 20 Prozent.
Nun soll eine Sauerstoffleitung vom Höhleneingang bis zu der Kammer verlegt werden, in der sich die Jungen und ihr Trainerbefinden.
Das ist nicht ganz so einfach: Die Leitung muss rund 4,7 Kilometer lang sein, damit sie in die Kammer reicht. Wie lang der Bau dauern wird, ist unklar.
Ebenfalls offen ist, wie lange die Fussballer und ihr Trainer noch ohne zusätzlichen Sauerstoff in der Höhle ausharren können.
Der Regen
Aktuell herrscht in Thailand Regenzeit, sie geht von Juni bis Oktober. Es war schon der Regen, der die Eingeschlossenen in ihre missliche Lage brachte: Sie hatten die Höhle nach einem Training aufgesucht, waren dabei wohl von einer Sturzflut überrascht worden - und hatten sich vor den Wassermassen immer tiefer ins Innere gerettet.
Seit Tagen wird rund um die Uhr Wasser abgepumpt. Der Wasserpegel sank zwischenzeitlich um einen Zentimeter pro Stunde. Mehr als 130 Millionen Liter Wasser wurden so bereits aus der Höhle befördert.
Es ist keine Wetterbesserung in Sicht: Auch für Freitag und Samstag wird erneut heftiger Regen vorhergesagt. Dadurch steigt das Wasser in der Höhle wieder an.
Die Zustände
Ein Glück für die Eingeschlossenen: In der Höhle hat es etwas über 20 Grad. Unterkühlung ist also kein Thema.
Von Stalaktiten an der Decke tropft zudem trinkbares Wasser: So hat die Gruppe überlebt, bis sie mit Proviant versorgt werden konnte.
Schwer vorstellbar ist allerdings, wie mit Unterernährung, Verletzungen oder auch sanitären Herausforderungen umgegangen werden kann. Zwar schwebt aktuell keiner der Jungen in Lebensgefahr, allerdings haben die meisten kleinere gesundheitliche Probleme.
Am schlechtesten soll es dem Trainer gehen: Thailändische Medien berichteten, er habe den vorhandenen Proviant unter seinen Schützlingen aufgeteilt und selbst kaum gegessen, bis sie gefunden wurden.
Die Zeit
Die Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren und ihr Trainer sitzen seit dem 23. Juni in der Höhle fest. Das sind schon fast zwei Wochen.
Laut dem Kommandeur der thailändischen Navy Seals, Apakorn Yookongkaew, können die Jungen nicht bis zum Ende der Monsunzeit warten. Das Zeitfenster für eine Rettung sei "begrenzt", sagte er am Freitag vor Journalisten.
Die Psyche
Nach Einschätzung von Experten könnte die Rettung der Jugendlichen und ihres Trainers Monate in Anspruch nehmen. Das wäre für die Eingeschlossenen "eine psychische Katastrophe", sagt Höhlenretter Martin Gross.
"Da müsste auf jeden Fall vorher eingegriffen werden. Im Notfall durch eine Rettungsbohrung, mit der man sich von oben Zugang verschafft."
Für den Profi ist psychische Stabilität die Grundvoraussetzung, um die Eingeschlossenen lebend aus der Höhle zu bekommen. Es solle jemand bei ihnen bleiben, mit ihnen reden und sie von der Situation ablenken.
Das grösste Problem sei das fehlende Licht gewesen. "Stellen Sie sich ein zusammengewürfeltes Team vor, das im Dunkeln ausharrt und nicht weiss, ob es gerettet wird oder nicht", analysiert der Experte. "Das geht extrem auf die Psyche und macht einen fertig."
Die Rettungsmöglichkeiten
Für die Rettung der Eingeschlossenen gibt es zwei plausible Szenarien. Entweder sollen die Jugendlichen in Begleitung von Rettungstauchern aus dem überfluteten Teil der Höhle herausschwimmen oder es könnte von oben eine Öffnung in die Höhlendecke gebohrt werden.
Behörden und Rettungskräfte favorisieren die erste Variante. Tauchunterricht soll die Jungen - so gut es geht - darauf vorbereiten.
Keiner von ihnen kann bisher tauchen, einige von ihnen nicht einmal schwimmen. Sie müssen nun vor allem das Aufsetzen der Tauchmasken und das Atmen unter Wasser trainieren.
Alternativ könnten die Jungen die Höhle durch einen Gang verlassen, der aber erst noch gefunden oder aber in die Felsen gebohrt werden müsste.
Zur Debatte stand auch die Möglichkeit, die Höhle mit Hilfe von Pumpen so weit auszutrocknen, dass die Jungen sie zu Fuss verlassen könnten. Angesichts der Wassermassen erscheint diese Lösung unwahrscheinlich.
Das Risiko
Die Jugendlichen unter Wasser aus der Höhle zu holen, wird hochriskant: Sie müssen nicht nur erst tauchen lernen, sondern dann in schlammigem Wasser praktisch blind durch extrem enge Stellen tauchen. Selbst Profitaucher brauchen rund sechs Stunden, um zu den Jungen zu gelangen.
Wie gefährlich das Unterfangen ist, verdeutlicht aktuell der Tod eines freiwilligen Helfers. Der ehemalige Soldat der thailändischen Navy Seals starb bei dem Versuch, Sauerstoff in die Kammer zu bringen, in der die Eingeschlossenen ausharren.
Auf dem Rückweg ging dem Mann der Sauerstoff aus. Er verlor das Bewusstsein und ertrank. Die genauen Todesumstände des Tauchers sind noch unklar. Möglich ist, dass seine Druckflasche beschädigt war oder ihm die Atemluft ausging. Für ihn soll es auf Anweisung des thailändischen Königs eine ehrenvolle Trauerfeier geben.
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