Ein Bericht der aktuellen ORF-Reportage "Thema" beschäftigt sich mit einem 30-jährigen Mann, der über Facebook Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufgenommen und sie dann sexuell missbraucht haben soll. Es wird ein ähnlicher Fall herangezogen, über den Tatvorgang gesprochen und der Umgang mit dem Internet thematisiert.

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Was ist passiert?

Ein 30-jähriger Hilfsarbeiter aus Oberösterreich soll mindestens zehn Buben sexuell missbraucht haben. Er hat mit seinen Opfern über Facebook Kontakt aufgenommen, sich mit ihnen getroffen und ihnen offenbar Geld für sexuelle Handlungen angeboten. Das älteste Opfer ist 15, das jüngste erst 9.

Die Polizei hat das Foto des mutmasslichen Täters veröffentlicht, weil man glaubt, dass es noch viele weitere Opfer gibt, von denen nichts bekannt ist.

Was wird berichtet?

Wolfgang Dirisamer vom Landeskriminalamt Oberösterreich berichtet kurz von den bekannten Fakten, aber mehr Informationen zum konkreten Fall werden nicht präsentiert.

Stattdessen stützt sich der Bericht auf ein ehemaliges Opfer eines ähnlichen Sexualdelikts und den damaligen Täter – beide anonym im Interview eingeblendet. Das mittlerweile erwachsene Opfer wurde damals mit 15 Jahren missbraucht und bekam ebenso Geld angeboten.

Was steckt dahinter?

Hedwig Wölfl vom Kinderschutzzentrum "Die Möwe" geht näher auf den mit der Straftat verbundenen Geldhandel ein. Sie spricht von einer "Verantwortungsverschiebung": Durch die Transaktion werde das Opfer mitverantwortlich gemacht, weil es das Geld angenommen hat. Ausserdem erhöht es die Scham beim Opfer, weshalb es den Kontakt noch stärker vor den Eltern verschweigen möchte.

Der damalige Täter spricht im Interview tatsächlich von einem "brutalen Geschäft": Er habe den Jugendlichen einfach so lange mehr Geld angeboten, bis die "ja" gesagt hätten. Nach seiner Verhaftung wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt. "Es hätte mich nichts anderes gestoppt als diese drei Jahre Haft", sagt er über sich selber.

In der Haft konnte er aber auch eine Therapie beginnen, die er jetzt nach der Entlassung fortsetzt. Er bekommt Medikamente, die seinen Sexualtrieb dämmen, und habe gelernt, mit seinem Verlangen umzugehen. Er sei dankbar für diese Möglichkeit der Therapie, erklärt er.

Was haben soziale Medien damit zu tun?

Weil der aktuelle Täter Kontakt zu seinen Opfern über das Internet aufnahm, wird das Thema der sozialen Medien angerissen. Alexander Geyrhofer von der Kriminalprävention im Landeskriminalamt Oberösterreich meint, Medienerziehung sei in der Schule so wichtig wie Verkehrserziehung, damit sich die Kinder und Jugendlichen sicher im Internet bewegen können.

Viele Facebook-Profile seien so eingestellt, dass sie von "aussen", also ohne mit der Person befreundet zu sein, problemlos eingesehen werden können. Ausserdem würden viele Jugendliche alle Kontaktanfragen annehmen, um vor ihren Freunden mit möglichst vielen Facebook-Kontakten gut dazustehen.

Psychiater Karl Dantendorfer erklärt, es sei wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern offen über Sexualität und auch über mögliche Gefahren reden. Er gibt aber auch zu, dass es in vielen Fällen für Eltern schwierig ist, wirklich Einblicke zu bekommen und gefährliche Situationen zu verhindern.

Wie wurde berichtet, wieviel erfährt man?

Der Beitrag ist nüchtern gestaltet ist und vermeidet reisserische Berichterstattung - er bleibt aber doch frustrierend inkonsequent. Die Reportage beschäftigt sich nur rudimentär mit dem aktuellen Fall und zieht eine Art Vergleichsfall heran, aus der die eine oder andere Spekulation über Motivationen und Hintergründe abgeleitet werden kann.

Weite Strecken der Reportage haben nichts mit sozialen Medien zu tun, aber dennoch wird das Internet ohne grössere Differenzierung als problematischer "Aufenthaltsort" charakterisiert. Hinweise zum sicheren Umgang damit sind sicherlich wünschenswert, bleiben hier aber völlig oberflächlich.

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