Mehrere Dutzend Leichen liegen in einem Lkw-Auflieger in England. Das Fahrzeug war in Bulgarien registriert. Ein Verdächtiger kommt aus Nordirland. Was ist geschehen?

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Grausiger Fund: Britische Rettungskräfte haben 39 Leichen in einem Lastwagen-Sattelauflieger entdeckt. Bei den Toten handelt es sich der Polizei zufolge um 38 Erwachsene und einen Teenager. Die Leichen lagen in einem grossen, weissen Sattelauflieger in einem Industriegebiet in Grays östlich von London. Zunächst hatte die Polizei von einem Container gesprochen.

Die Polizei nahm einen 25 Jahre alten Mann aus dem britischen Nordirland fest. Er steht unter Mordverdacht. "Wir glauben, dass der Lastwagen aus Bulgarien kommt", teilte ein Polizist am Mittwoch mit. Die Leichen werden obduziert. "Ich vermute, das könnte ein langwieriger Prozess werden." Ob es sich bei den Opfern um ins Land geschleuste Migranten handelt, wurde zunächst nicht offiziell bestätigt. Doch deuten viele Umstände darauf hin.

Jedes Jahr werden Tausende von Migranten illegal nach Grossbritannien gebracht, vor allem in Lastwagen oder mit Schiffen und Booten. Vor 19 Jahren fand die Polizei 58 tote Chinesen in einem Lastwagen-Anhänger im englischen Hafen von Dover am Ärmelkanal.

LKW kam per Schiff von Belgien nach England

Die Sanitäter hatten die Polizei gegen 2.40 Uhr (MESZ) in der Nacht zum Mittwoch informiert. Sie konnten aber niemandem mehr helfen. Die Polizei sprach von einer "Tragödie". Wer die Rettungskräfte alarmiert hatte, war zunächst nicht bekannt.

Das Fahrzeug sei per Schiff von Belgien ins englische Purfleet gekommen, wie die Polizei am Nachmittag mitteilte. Purfleet liegt nahe des Fundorts. Zunächst gingen die Ermittler davon aus, dass der Lkw über Irland in den britischen Landesteil Wales kam.

Gemeldet war der Lkw seit 2007 in der bulgarischen Hafenstadt Warna am Schwarzen Meer, wie Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow dem Sender BTV sagte. Seitdem sei das Fahrzeug nicht mehr im Land gewesen. Nach Angaben eines bulgarischen Frachtverbandes ist dies aus Steuergründen nicht unüblich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich tief erschüttert. Ihr tiefes Mitgefühl gelte den Angehörigen, versicherte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Gleichzeitig sagte er den britischen Behörden alle notwendige Unterstützung bei der Suche nach den Schuldigen und Hintermännern zu. Der britische Premierminister Boris Johnson schrieb auf Twitter, er sei "entsetzt".

Der Fund erinnert an andere grausige Fälle von Schlepperkriminalität mit dem Ziel Europa: Im Februar 2017 waren 69 Migranten in Libyen vier Tage lang in einem Container eingepfercht. 13 von ihnen kamen ums Leben, unter ihnen ein 13 Jahre altes Mädchen und ein 14-jähriger Junge. Für internationales Aufsehen sorgte auch ein Fall im August 2015 in Österreich. 71 tote Flüchtlinge, darunter vier Kinder, wurden in einem Kühllaster aus Ungarn südlich von Wien gefunden.

Immer mehr Migranten wollen nach England

Sprunghaft gestiegen ist die Zahl der Migranten, die versuchen, in Schiffen oder kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Grossbritannien zu gelangen. Im Jahr 2018 haben dem Innenministerium zufolge weit über 500 Menschen probiert, die Meeresenge illegal zu überqueren. Von November bis Sommer 2019 waren es schon über 1.000. Ein Mann hatte sogar versucht, den Ärmelkanal mit Taucherflossen zu durchschwimmen.

Die Meeresenge ist einer der weltweit befahrensten Seewege und daher besonders gefährlich. Angeblich werden viele Migranten von Schleppern unter Druck gesetzt, die Überfahrt noch vor dem Brexit zu machen. Danach, so die Ansage, würden die Kontrollen weiter verschärft. Aber auch das milde Wetter gilt als Grund für eine Häufung der Fälle. (dpa/fra)

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