In einer Zahnarztpraxis in Hamburg wird ein junger Mann unter Vollnarkose behandelt. Dabei kommt zu ernsten Komplikationen, der Patient stirbt. Wer hat daran Schuld? Diese Frage hat nun das Landgericht geklärt.

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Nach dem Tod eines jungen Patienten, der in einer Hamburger Zahnarztpraxis eine Vollnarkose gewünscht hatte, ist der verantwortliche Anästhesist zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die ebenfalls angeklagte Zahnärztin wurde freigesprochen.

Der Narkosearzt habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter. Das Urteil des Landgerichtes ist noch nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Narkosearzt und der Zahnärztin Körperverletzung mit Todesfolge vor. Laut Anklage hatten sie den Patienten vor der Behandlung, die vor fast acht Jahren in der Praxis der Zahnärztin stattgefunden hatte, nicht ordnungsgemäss über die damit verbundenen erhöhten Risiken aufgeklärt.

Laut Anklage soll der 67-jährige Narkosearzt im Verlauf der mehrstündigen Zahnbehandlung ausserdem ein aufgrund "unsachgemässer Narkoseführung" auftretendes Versagen des Herzkreislaufsystems des Patienten "zunächst falsch gedeutet" und deshalb zu spät den Rettungsdienst alarmiert haben.

18 Jahre alter Patient hatte grosse Schmerzen und riesige Angst vor der Behandlung

Die beiden Ärzte hatten am 27. Mai 2016 einen 18-Jährigen behandelt. Der junge Mann hatte zahlreiche kaputte Zähne und grosse Schmerzen, aber riesige Angst vor der Behandlung. Er ging zusammen mit seiner Mutter in eine Zahnarztpraxis im Stadtteil Altona und wollte für die Behandlung eine Vollnarkose.

Vorschläge für alternative Behandlungsmethoden lehnte er ab. Bei dem mehrstündigen Termin kam es zu einem Herz-Kreislauf-Versagen. Kurz darauf starb der Mann in einem Krankenhaus.

Praxis war nicht auf eine so lange Narkose ausgerichtet

Nach früheren Gerichtsangaben fusste der Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge darauf, dass der Narkosearzt und die Zahnärztin vor dem Eingriff nicht ausreichend darüber aufgeklärt hatten, dass die Ausstattung der Praxis für eine so lange Narkosebehandlung nicht dem medizinischen Standard entsprach. Es fehlten etwa Überwachungsgeräte und eine Beatmungsmaschine.

Die Behandlung selbst war demnach zulässig, die vom Patienten abgegebene Einwilligung aufgrund der mangelhaften Risikoaufklärung nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft - und auch nach Ansicht des Gerichts - aber unwirksam.

Er habe den Patienten und seine Mutter nicht darüber aufgeklärt, dass seine Ausstattung vom Standard abweiche. Beide hätten sonst sicherlich nicht in die Behandlung eingewilligt, betonte der Vorsitzende Richter. Die Zahnärztin treffe indes keine Schuld. Die 46-Jährige habe darauf vertrauen dürfen, dass der ihr als erfahrener Kollege bekannte Narkosearzt die richtige Ausstattung mitbringe.

Zum Prozessauftakt am 4. April hatten sowohl die Zahnärztin als auch der Narkosearzt den Tod des Patienten sehr bedauert. Der Anästhesist hatte Fehler eingeräumt. Er bezeichnete das Geschehen als Tragödie, bei der er als Arzt versagt habe. Die Zahnärztin gab demnach an, sie habe sich fachlich auf den Anästhesisten verlassen. Sie habe ihren Kollegen bereits bei früheren Behandlungen hinzugezogen und als erfahren erlebt. (AFP/dpa/ank)

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