- Fast täglich versuchen grosse Migrantengruppen von Frankreich aus über den Ärmelkanal nach Grossbritannien zu gelangen.
- Viele geraten dabei in Seenot - nun ist ein Boot gekentert und fast 30 Menschen sind gestorben.
Beim Untergang eines Bootes mit Migranten auf dem Weg von Frankreich nach Grossbritannien sind nach Medienberichten 27 Menschen gestorben. Um die Zahl der Todesopfer gab es vorübergehend Verwirrung. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach am frühen Abend von 31 Toten, später korrigierte das Innenministerium die Zahl auf 27.
Der britische Premierminister
Frankreichs Premierminister Jean Castex sprach von einer Tragödie, seine Gedanken seien bei den zahlreichen Opfern. Es gebe grosse Betroffenheit angesichts des Dramas beim Kentern des Bootes, sagte Innenminister Darmanin. "Man kann nicht oft genug betonen, wie kriminell die Schlepper sind, die diese Überfahrten organisieren."
Tragödie spielte sich rund 15 Kilometer von Calais entfernt ab
Wie die Maritime Präfektur während der noch laufenden Rettungsaktion mitteilte, setzte ein Fischerboot den Notruf ab, dass sich mehrere Migranten in Seenot im Ärmelkanal befänden. Mit Booten und Hubschraubern bemühten sich Helfer von Frankreich aus um eine Bergung. Einige der Geretteten befänden sich in Lebensgefahr.
Das Boot kenterte rund 15 Kilometer von Calais entfernt. In dem von Sicherheitskräften abgesperrten Hafen von Calais habe eine bleierne Stille geherrscht, als die Toten in der Dunkelheit von den Rettungsschiffen an Land gebracht worden seien. Im Krankenhaus wurde zur Versorgung der Überlebenden ein Notfallplan aktiviert.
Im laufenden Jahr haben bisher mehr als 25.700 Menschen illegal den Ärmelkanal überquert. Das sind fast dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2020. Die britische Regierung wirft Frankreich vor, nicht genug gegen illegale Überfahrten zu unternehmen, Paris weist das zurück. Erst im Juli hatten beide Seiten ein neues Kooperationsabkommen vereinbart, um die wachsende Zahl der Migranten, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal nach England kommen, in den Griff zu bekommen. London sagte dabei 62,7 Millionen Euro zu, um die französischen Behörden zu unterstützen.
Grossbritanniens Innenministerin Patel steht unter Druck
Vor allem die britische Innenministerin Priti Patel steht wegen der wachsenden Zahl an Migranten unter Druck. Konservative Kreise und Medien sprechen von einer "Krise". Allerdings ist die Zahl der Flüchtlinge, die in Grossbritannien Asyl beantragen, deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern. Patel hatte angekündigt, die Überfahrten zu beenden. Nach dem Brexit führte die Regierung scharfe Zuwanderungsregeln ein. Noch aber hat Patel kein Mittel gefunden, die Migration über den Ärmelkanal zu stoppen. Zuletzt kündigte sie erneut eine Verschärfung der Asylregeln an.
Die konservative Abgeordnete Natalie Elphicke, die ihren Wahlkreis im Hafenort Dover hat, sprach von einer Tragödie. Der Fall zeige aber auch, dass die Schlauchboote gestoppt werden müssten, bevor sie in Frankreich zu Wasser gelassen werden, sagte Elphicke. Das Risiko, dass Menschen beim Versuch, nach Grossbritannien überzusetzen, sterben, steige angesichts kalten Wetters und rauer See.
Der Vize-Präsident der Region Hauts-de-France, in der Calais liegt, beschuldigte am Abend Grossbritannien. "Die Briten sind verantwortlich. Das ist nicht der Fehler Frankreichs, das ist nicht der Fehler von Europa", sagte Franck Dhersin. (dpa/fra)
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