• Der Journalist, Autor und Kommentator Hugo Portisch ist im 95. Lebensjahr verstorben.
  • Die Österreicher trauern um eine aussergewöhnliche Persönlichkeit, die das Land über Jahrzehnte begleitet und das Bewusstsein der Bevölkerung für die jüngere Geschichte geschärft hat.

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Hugo Portisch hat uns unzählige Male die Welt erklärt, wenn das politische Geschehen wieder einmal nicht ganz greifbar, nicht vollends nachvollziehbar war. Niemand anders konnte komplexe politische und wirtschaftliche Sachverhalte so klar und verständlich auf den Punkt bringen. Dabei stets aussergewöhnlich: Stets hatten die Analysen des Erklärers der Nation Hand und Fuss, nie waren sie auch nur ansatzweise belehrend.

Steile Karriere: Vom Journalismus in die Diplomatie

Portisch kam am 19. Februar 1927 als Sohn von Emil und Hedi Portisch im damaligen Pressburg zur Welt, wo er auch seine Kindheit verbrachte. Anfang 1945 zogen seine Eltern nach St. Pölten, während der Sohn weiter in Pressburg die Schulbank drückte und dort auch maturierte. Nach seiner Reifeprüfung studierte der junge Hugo an der Universität Wien in Rekordzeit Geschichte, Germanistik, Anglistik und Publizistik.

Bereits im Jahr 1947 ergatterte er als blutjunger Dr. phil. der Zeitungswissenschaft einen Job als Redaktionseleve bei der bürgerlichen "Wiener Tageszeitung" (in den 1970er-Jahren als "Österreichische Neue Tageszeitung" eingestellt). Nur zwei Jahre später übernahm Portisch dort bereits die Leitung des Aussenpolitik-Ressorts.

1953 wechselte der damals 26-Jährige dann in die Diplomatie und wurde stellvertretender Leiter des Österreichischen Informationsdienstes in New York. In dieser Funktion musste er unter anderem dem damaligen Bundeskanzler Julius Raab, der mit der englischen Sprache seine liebe Not hatte, bei seinem ersten USA-Besuch begleiten.

"Mit dem Kurier bin ich erst zum richtigen Journalisten geworden"

Im Jahr 1954 begann Hugo Portisch für den "Neuen Kurier" zu arbeiten, dessen damaliger Chefredakteur ein gewisser Hans Dichand war. Die beiden arbeiteten stets eng zusammen, am 14. April 1955 ganz besonders: An diesem Tag erfuhr der damals schon gut vernetzte Portisch als hierzulande erster vom erfolgreichen Abschluss der Moskauer Verhandlungen über den österreichischen Staatsvertrag.

Daraufhin entschloss sich Dichand spontan dazu, noch am selben Abend die Extraausgabe "Österreich wird frei!" erscheinen zu lassen. Und wie so oft erfordern besondere Situationen besondere Massnahmen: Da der "Kurier" seinerzeit noch über zu wenige Strassenverkäufer verfügte, verkauften Dichand und Portisch die Zeitung kurzerhand auf der Kärntner Strasse selbst.

Nach Dichands Abgang übernahm Portisch das Kommando beim "Kurier", der damals grössten Tageszeitung. "Mit dem 'Kurier' bin ich erst zum richtigen Journalisten geworden", so Portisch im Jahr 2017 in einem Interview mit der Zeitung, die er 60 Jahre zuvor geleitet hatte.

Die nächste Anekdote: Zum Schiessen, das "zum Scheissen"

Schon als junger Print-Journalist und Chefredakteur sprudelten die Worte nur so aus Portisch heraus, weshalb es beim "Kurier" auch nicht ungewöhnlich war, dass der Chef bis zur letzten Sekunde an seinen Leitartikeln feilte. Nicht selten langten mehrspaltige Artikel erst in letzter Sekunde bei den Druckern ein.

Um die Angelegenheit zu beschleunigen, wurden daher oft gleich mehrere Bleisetzer auf die Spalten aufgeteilt. Auch an jenem Tag, als Portisch in seinem Leitartikel Konrad Adenauers Wahlkampf verhandelte, wurde das so gehandhabt. Obwohl enormer Zeitdruck herrschte, musste einer der Setzer auf den Lokus.

Als sein Nebenmann mit seiner Spalte fertig war, nahm er hinter der Tastatur des Kollegen Platz, der gerade am WC weilte, und ergänzte Portischs Worte "In diesem Falle würde Deutschlands Weg in Europa eine scharfe Wendung nehmen" um ein launiges "Warum also so lange scheissen?".

Als der kurz anderweitig Beschäftigte seine Arbeit wieder aufnahm, übersah er jedoch die Worte des Kollegen. Definitiv nicht zu übersehen waren sie aber am nächsten Tag, als sie in der druckfrischen Morgenausgabe zwischen Portischs klugen Befunden zum Wahlkampf Konrad Adenauers standen. Portisch sei danach "durch's Haus getobt", heisst es.

Geschichte für das Volk

Nach dem erfolgreichen Rundfunkvolksbegehren 1964, das gegen den Politeinfluss im ORF mobil machte und vom "Kurier" initiiert wurde, holte der damalige ORF-Generalintendant Gerd Bacher Portisch zum Österreichischen Rundfunk, wo er fortan als politischer Chefkommentator fungierte.

Parallel dazu schrieb er aber stets Bücher, die es auch immer wieder auf die Bestsellerlisten schafften und aus denen mitunter Fernsehsendungen resultierten, die Portisch hierzulande noch bekannter machten. Ganz besonders erfolgreich waren seine Bücher und Fernsehserien "Österreich I" (1989) und "Österreich II", mit denen der Journalist das Geschichtsbewusstsein eines ganzen Landes prägte.

Zahlreiche Preise, noble Zurückhaltung

Für seine grossartigen Arbeiten erhielt Hugo Portisch unter anderem den Karl-Renner-Preis, den Österreichischen Staatspreis, den Viktor-Frankl-Preis sowie die Goldene Kamera. Er selbst hasste es übrigens interviewt zu werden.

"Da entwickelt er regelrechte Fluchtreflexe", erzählte einmal Regisseur Andreas Novak, der zu Portischs 80. Geburtstag ein TV-Porträt machte. "Er hat einen enormen Schrecken, über sich oder über heikle Dinge zu reden." Auch der Verleger Hannes Steiner benötigte einst Jahre, um Hugo Portisch dazu zu überreden, seine Erinnerungen aufzuschreiben.

Bis zuletzt als Schriftsteller tätig

Der Arbeit hat er sich fast bis zuletzt verschrieben. So ist sein Buch "Russland und wir" erst im Dezember 2020 erschienen. Auch als "Testimonial" für die Impfung gegen Covid-19 fungierte er noch vor nicht allzu langer Zeit.

Mit Hugo Portisch ist nun ein grosser Österreicher gegangen. Seine Frau Gertraude, mit der er seit dem Jahr 1949 verheiratet war, ist bereits Ende 2018 verstorben, Sohn Edgar schon 2012 – an den Folgen einer Tropenkrankheit.

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