„Harvey“ ist einer der schlimmsten Stürme in den USA. Er hat sintflutartige Regenfälle über Texas gebracht. Zehntausende Menschen sind evakuiert. Hunderttausend Häuser beschädigt. Das Ausmass der Katastrophe wird nur langsam sichtbar. Indes ist die Solidarität mit den Flutopfern immens. Der Süden der USA bekommt Hilfe von allen Seiten – auch von Ländern, zu denen US-Präsident Donald Trump ein angespanntes Verhältnis hat.
"Harvey" hat unberechenbare Naturgewalten freigesetzt. Er war am Samstagmorgen erstmals in Texas auf Land getroffen.
Binnen weniger Tage fielen in dem Bundesstaat mancherorts bis zu 1.250 Liter Regen pro Quadratmeter – ein Rekord für das Festland der USA. Zahlreiche Flüsse, darunter der Colorado, traten über die Ufer.
Ganze Landstriche versanken in den Fluten. Tausende Menschen sind obdachlos. 100.000 Häuser in den Überflutungsgebieten um die Millionenmetropole Houston und in weiteren Gegenden von Texas und Louisiana seien beschädigt worden, teilte das Weisse Haus mit.
Die Behörden befürchteten viele Tote – wie viele, ist noch unklar.
In einer Chemiefabrik nahe der Metropole Houston kam es zu zwei Explosionen.
Sturm "Harvey" könnte nach ersten Schätzungen zur teuersten Naturkatastrophe in der Geschichte der USA werden. Die Kosten für den Wiederaufbau nach dem Tropensturm "Harvey" könnten nach Einschätzung des texanischen Gouverneurs "weit höher" liegen als nach dem Hurrikan "Katrina"2005.
Greg Abbott rechne mit einer deutlich höheren Summe als die Nothilfe von 125 Milliarden Dollar, die damals zur Verfügung gestellt wurde, berichtete das "Wall Street Journal".
Inmitten der Notlage wächst die amerikanische Gemeinschaft zusammen. Auch internationale Hilfe erreicht den Süden der USA. Sogar von Ländern, die aufgrund politischer Streitigkeiten ein angespanntes Verhältnis zu US-Präsident
Ein Überblick über die aktuelle Hilfe:
Hilfe aus Mexiko
Trotz des Streits um die von US-Präsident Donald Trump geplante Grenzmauer und die konfliktreiche Nachverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta hat Mexiko dem Nachbarland Unterstützung angeboten.
"Uns liegt eine Liste mit Hilfsleistungen vor, die Mexiko angeboten hat, und wir nehmen das an", sagte der texanische Gouverneur Greg Abott.
Mexiko hatte bereits nach dem schweren Hurrikan "Katrina" den USA geholfen. Damals waren Hunderte Soldaten und Ärzte in die Vereinigten Staaten gekommen und hatten die Sturmopfer medizinisch betreut und mit Lebensmitteln versorgt. Es war das erste Mal seit dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg 1846, dass die mexikanischen Streitkräfte die Grenze zu den USA übertraten.
US-Aussenminister Rex Tillerson dankte Mexiko für das Angebot: "Es ist sehr grosszügig von Mexiko, uns in dieser schwierigen Lage Hilfe anzubieten." Der mexikanische Chefdiplomat Luis Videgaray sagte bei dem Treffen in Washington: "Wir sind Nachbarn und Freunde. Das ist, was Freunde tun."
Hilfe aus Venezuela
Venezuela will bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,2 Mio Euro) für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstellen, kündigte Aussenminister Jorge Arreaza an.
"Wir werden immer an der Seite des Volkes der USA stehen."
Angesichts der autoritären Bestrebungen der venezolanischen Regierung hatten die USA zuletzt neue Wirtschaftssanktionen gegen das südamerikanische Land verhängt.
Unter anderem wurden Geschäfte mit bestimmten Staatsanleihen und Wertpapieren der staatlichen Ölfirma PDVSA teilweise verboten. Die Hurrikan-Hilfe soll jetzt ausgerechnet über Citgo, den US-Ableger von PDVSA, abgewickelt werden.
Eines der erdölreichsten Länder der Welt steckt selbst in einer schweren Wirtschaftskrise. Wegen des niedrigen Ölpreises, Korruption und jahrelanger Misswirtschaft verfügt Venezuela kaum noch über Devisen für Importe.
In den Geschäften fehlt es an Lebensmitteln, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs.
Hilfe aus Europa
Die US-Behörden können zur Beurteilung der Unwetter-Schäden im Bundesstaat Texas Satellitendienste der EU nutzen. Wie die EU-Kommission mitteilte, wurde auf Wunsch der Amerikaner hin der Copernicus-Dienst für Katastrophen- und Krisenmanagement (EMS) aktiviert. Darüber können unter anderem Lagekarten erstellt werden, die ein detailliertes Ausmass der Schäden zeigen.
Der in der EU für Katastrophenschutz zuständige Kommissar Christos Stylianides machte zudem deutlich, dass die EU auch in anderen Bereichen zu Hilfe bereit sei. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini sagte: "Die Vereinigten Staaten können auf die Europäische Union zählen (...)."
Hilfe aus Kanada
Nach Angaben des Weissen Hauses bot Kanadas Premierminister Justin Trudeau in einem Telefongespräch mit US-Präsident Donald Trump die Unterstützung seines Landes an.
Trump sei "tief gerührt gewesen" von der Geste, sagte Heimatschutzberater Tom Bossert dazu. "Wir würdigen die nachbarliche Geste" der Kanadier, zitierte Bossert den Präsidenten.
Trump hatte das Nafta-Abkommen schon während seines Wahlkampfes heftig kritisiert und Neuverhandlungen angekündigt, weil Nafta, wie Trump sagt, die USA benachteilige.
US-Stars spenden
Zahlreiche US-Stars werben für Spenden zugunsten der Opfer des Tropensturms – unter anderem bekundeten Schauspieler wie Sandra Bullock (eine Million Dollar) und Leonardo DiCaprio (eine Million Dollar) ihre Hilfsbereitschaft. Ebenfalls helfen wollen Kevin Hart und Amy Schumer sowie Sängerin Beyoncé und Miley Cyrus.
US-Marine schickt Schiffe
Um die Rettungsarbeiten in den heftig überfluteten Gebieten in Texas zu unterstützen, hat die US-Marine zwei Schiffe vor die Küste des Bundesstaates geschickt. Beide Schiffe sind dafür ausgestattet, medizinische und logistische Unterstützung zu liefern. Sie wurden mit Lebensmitteln beladen.
Apotheker organisieren Hilfe
Da die medizinische Versorgung vor Ort schwierig ist, versuchen die in den USA dominierenden Apothekerketten, Hilfe in das Gebiet zu schicken.
So hat die grösste US-Supermarktkette Walmart, die auch Apotheken betreibt, mobile Apotheken eröffnet, wie DAZ.online berichtet - vor allem in den texanischen Städten Rockport, Portland und Aransas Pass.
Vier Walmart-Apotheken beliefern Notunterkünfte in Dallas mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, berichtet die Zeitung weiter.
Weisses Haus will sechs Milliarden Dollar freigeben
Wie die „Washington Post“ am Freitag meldete, könnte die Regierung knapp sechs Milliarden Dollar (fünf Milliarden Euro) an ersten Hilfsgeldern für die Katastrophenschutzbehörde Fema und Notfallkredite für Kleinunternehmen freigeben. Das Weisse Haus und der Kongress seien darüber im Gespräch. Die sechs Milliarden wären nach dem Bericht nur ein erster Teil eines grossen Hilfspaketes.
Private Hilfe von Trump
US-Präsident Donald Trump will eine Million Dollar aus seinem Privatvermögen für die Flutopfer von Texas spenden. Das gab seine Sprecherin Sarah Sanders am Donnerstag in Washington bekannt. Trump hatte sich am Dienstag ein Bild von der Lage in Texas gemacht und plant am Wochenende einen zweiten Besuch im Katastrophengebiet.
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