Ein internationales Abkommen soll eigentlich den Handel mit gefährlichen Chemikalien regeln. Doch oft wird sich nicht daran gehalten, wie ein Forscherteam nun herausfand. Rund 40 Prozent der gehandelten Chemikalien waren illegal.
Enorme Mengen an gefährlichen Chemikalien werden rund um den Globus illegal gehandelt. Das schreibt ein Team um die chinesische Umweltwissenschaftlerin Hongyan Zou in "Nature Sustainability". Die Forscherinnen und Forscher hatten Chemikalienimporte untersucht, die durch das sogenannte Rotterdamer Übereinkommen geregelt sind. Es besagt unter anderem, dass bestimmte gefährliche Stoffe nur dann in ein Land geliefert werden dürfen, wenn dieses der Einfuhr generell zugestimmt hat.
40 Prozent wurden illegal gehandelt
Die Wissenschaftler um Zou von der Tianjin Normal University schauten sich den Handel von 46 Stoffen mit einem Volumen von 64,5 Millionen Tonnen zwischen 2004 und 2019 an, die unter das Abkommen fallen. Rund 40 Prozent davon sind den Forschern zufolge illegal gehandelt worden.
Angesichts dieses hohen Anteils nennt die Forschergruppe das Handelsabkommen "unzureichend effektiv". Dass gefährliche Chemikalien in Länder eingeführt werden können, die deren Import eigentlich abgelehnt haben, dürfte unter anderem an fehlendem Bewusstsein für die Risiken und einer unzureichenden Überwachung des Zolls liegen, schreibt das Team.
Was ist das Rotterdamer Übereinkommen?
Das Rotterdamer Übereinkommen wurde von 164 Staaten unterzeichnet und trat Anfang 2004 in Kraft. Durch die Konvention werden Exportstaaten dazu verpflichtet, den Importländern Informationen zur Giftigkeit und Gefährlichkeit der Stoffe zu übermitteln. Anhand dieser Beurteilungen haben Importländer die Möglichkeit, der Einfuhr dieser Chemikalien zuzustimmen oder diese abzulehnen. Das Rotterdamer Übereinkommen ist insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer wichtig, da diese oft nicht über eigene Ressourcen verfügen, um eine umfassende Gefahreneinschätzung über Chemikalien vorzunehmen.
Zou und ihr Team bezogen sich unter anderem auf Pestizide und Industriechemikalien. Sie ermittelten für jede Stoffgruppe typische Import- und Exportländer und analysierten die gängigen Handelsrouten. Dabei bezogen sie nur Handelsvorgänge ein, die durch das Rotterdamer Übereinkommen geregelt sind. Über illegalen Handel fernab der Konvention und über den Schwarzmarkthandel trifft die Studie keine Aussage.
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Welche illegalen Chemikalien wurden gehandelt?
Der Löwenanteil der in der Analyse betrachteten Gefahrstoffe entfällt auf Ethylendichlorid, eine als besonders besorgniserregend und krebserzeugend eingestufte Chemikalie zur Herstellung von PVC.
Die Forscher um Zou schauten sich einige Chemikalien genauer an, deren Gebrauch in vielen Ländern stark reglementiert oder ganz verboten ist. Dennoch werden diese weiterhin gehandelt. So wurden 2019 noch mehrere Tausend Tonnen Tetramethyl- und Tetraethylblei, bekannt als Antiklopfmittel in Benzin, gehandelt. Ähnlich verhält es sich für Organozinnverbindungen (TBT), die bis 2008 als Anti-Fouling-Anstriche für Schiffsrümpfe verwendet wurden. Auch diese Stoffe wurden bis 2019 noch gehandelt. Vorwiegend ausgehend von Europa in die ganze Welt.
Im Zeitraum von 2015 bis 2019 wurden Pestizide hauptsächlich aus den USA und dem Nahen Osten exportiert und nach Asien verkauft. Industriechemikalien wurden vorwiegend innerhalb von Europa gehandelt.
Zou und ihr Team stellten aber auch einen positiven Effekt des Rotterdamer Übereinkommens fest. So sei bei rund 70 Prozent der gelisteten Stoffe ein rückläufiger Trend im globalen Handel zu beobachten. (dpa/mak)
Verwendete Quellen:
- Studie: Continuing large-scale global trade and illegal trade of highly hazardous chemicals
- Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Rotterdamer Übereinkommen
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