Papst Franziskus ist am Ostermontag gestorben. Der gebürtige Argentinier war in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes, hat aber die Hoffnung auf Wandel in der katholischen Kirche nicht ausreichend erfüllt. Sein Einsatz für Arme und Migranten bleibt in Erinnerung, doch immer wieder schlug dem Papst auch massive Kritik entgegen.
Er war ein besonderer
Dass das Pontifikat unter Franziskus anders werden würde, stand schon fest, bevor es überhaupt "Habemus papam" hiess. Denn: Am 11. Februar 2013 hatte Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt und damit ein weltweites Beben in der katholischen Kirche ausgelöst. Freiwillig hatte zuletzt vor mehr als 600 Jahren ein Papst auf das höchste katholische Kirchenamt verzichtet.
Papst Franziskus: Argentinier mit italienischen Wurzeln
Für den Nachfolger von
Bergogilio war eins von fünf Kindern. Sein Vater – Buchhalter und Bahnangestellter– stammte aus Italien. Seine Grosseltern führten eine Konditorei, später einen Lebensmittelhandel. Seine Grossmutter, so schrieb Papst Franziskus es selbst in seiner Biografie, hat ihn entscheidend in seinem Glauben geprägt. Zum Jesuitenorden brachte ihn eine schwere Krankheit.
Bevor er Papst wurde, arbeitete er als Türsteher
Immer wieder für Schmunzeln sorgte der Fakt, dass der spätere Papst lange als Türsteher und Hausmeister arbeitete, ehe er eine Ausbildung zum Chemietechniker machte. Später studierte er Geisteswissenschaften, Philosophie sowie katholische Theologie.
1969 wurde Bergoglio zum Priester geweiht, von 1973 bis 1979 war er Provinzoberer – also Vorsteher – der Jesuiten in Argentinien. Erzbischof von Buenos Aires wurde er 1998, drei Jahre später Kardinal unter Papst Johannes Paul II.
Die Erwartungen an Papst Franziskus waren von Beginn an hoch: Weniger autokratisch, weniger männerbündisch sollte er sein. Kurz vor seinem Amtsantritt wünschten sich in einer Umfrage 95 Prozent der Befragten, der künftige Papst solle Verhütungsmittel zulassen. Weit oben auf der Liste stand auch "Ehescheidungen akzeptieren", "das Zölibat abschaffen", "Frauen zum Priesteramt zulassen" und "das Abtreibungsrecht anerkennen".
Es gab Bewegung, aber keinen Kurswechsel
Vollständig umgesetzt davon wurde nichts. Verhütungsmittel und Abtreibungen verurteilt die katholische Kirche weiterhin, eine Frauenweihe gibt es nicht, die Unauflöslichkeit der Ehe bleibt ein kirchliches Prinzip. Bewegung hat es unter Papst Franziskus – ein Name, den sich Bergogilio zu Ehren des Heiligen Franz von Assisi gegeben hat – dennoch gegeben.
So hat Franziskus die Scheidung in Form der "nachträglichen Feststellung der Ungültigkeit der Ehe" erleichtert – eine Hintertür, die es in der katholischen Kirche schon länger gab. Ausserdem hat er es Frauen ermöglicht, als Messdienerinnen die Kommunion auszuteilen und Lesungen im Gottesdienst zu halten.
Auch hat Franziskus den Bischofskonferenzen mehr Verantwortung übertragen und Leitungspositionen mit Frauen besetzt. 2021 erhielt etwa die französische Ordensschwester Nathalie Becquart als erste Frau ein Stimmrecht in einer Bischofssynode.
In Sachen Verhütungsmittel und Zölibat ist er zwar grundsätzlich beim alten Kurs geblieben, man hat aber auch Zitate von ihm vernommen wie: "Man kann keine Theologie mit einem 'Nein' davor machen" und: "Ich denke, das ist ganz klar: eine Kirche, die ihr Denken nicht im kirchlichen Sinne weiterentwickelt, ist eine Kirche, die sich zurückentwickelt".
Papst Franziskus galt als bescheiden und volksnah, setzte sich für Migranten ein
Papst Franziskus' Amtszeit wurde von Anfang an durch seinen bescheidenen Lebensstil geprägt – dazu verpflichtete ihn schon seine Mitgliedschaft im Jesuiten-Orden. So wurde er oftmals als "Kardinal der Armen" bezeichnet. Passend dazu trat er nach seiner Wahl ganz in Weiss gekleidet auf die Mittelloggia des Petersdoms und verzichtete auf die traditionellen Papstgewänder mit Chorhemd, scharlachrotem Schulterumhang und vergoldeter Brokatstola
Anstatt in einer erzbischöflichen Residenz wohnte er vor seiner Wahl in einem einfachen Appartement, wurde auch zu Papst-Zeiten mehrmals in der U-Bahn gesichtet.
Sein Einsatz für die Armen kam nicht immer gut an: Mehrfach hatte er in der Vergangenheit die Regierung in Argentinien wegen Korruption und Armut kritisiert. In besonderem Masse engagierte sich Papst Franziskus für Migranten. Seine erste Reise als Papst machte er auf die italienische Flüchtlingsinsel Lampedusa, später besuchte er auch Lesbos.
Er forderte von den Regierenden immer wieder ein, sämtliche Migranten aufzunehmen, egal ob Verfolgte oder Wirtschaftsflüchtlinge. Das war selbst manchen Bischöfen zu viel. In seinen letzten Jahren veränderte der Papst seinen Kurs, sprach von der Überforderung mancher Länder und benannte das skrupellose Agieren der Schleppermafia als Hauptursache.
Papst Franziskus galt zudem als schwieriger Chef mit einem gewissen Misstrauen in den eigenen Apparat. So soll er beispielsweise seine Reise nach Lampedusa am eigenen Staatssekretariat vorbei organisiert haben.
Irritationen in Sachen Ukraine-Krieg
Zu den Verdiensten von Papst Franziskus zählt sicherlich die Vermittlerrolle, die er bei der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Kuba einnahm. Papst Franziskus hatte sich auch angeboten, im Krieg zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln – Wolodymyr Selenskyj lehnte das allerdings ab.
In diesem Zusammenhang löste der Papst mehrmals Irritation und Empörung aus, weil er vermied, im Ukraine-Krieg Täter und Opfer zu benennen. Er legte beispielsweise der Ukraine in einem Interview wörtlich nahe, "die weisse Fahne zu hissen".
Bei der Karfreitagsprozession in Rom 2022 liess Papst Franziskus eine ukrainische und eine russische Frau gemeinsam das Kreuz tragen – vielfach wurde das als Gleichsetzung des Leids der beiden Länder verstanden. Dem Muster, den Aggressor nicht klar zu benennen, folgte er auch beim Krieg zwischen Israel und der terroristischen Hamas.
Kurz nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 sprach Franziskus nur von "Geschehnisse(n) in Israel, wo die Gewalt stärker eskaliert ist und Hunderte von Toten und Verletzten gefordert hat" und sagte, er bete für alle Opfer – ohne den Urheber der Gewalt und das Recht auf Selbstverteidigung zu erwähnen.
Kritisiert wurde Bergoglio ausserdem für seine Haltung zur Ehe für alle. Als die argentinische Regierung diese 2010 legalisierte, schrieb er einen scharfen Brief an die Regierung mit den Worten: "Das ist kein einfacher politischer Kampf, das ist der Versuch, Gottes Plan zu zerstören."
Zudem bezeichnete er während seines Pontifikats Homosexualität als "Modeerscheinung" und sprach sich dafür aus, Kinder mit homosexuellen Neigungen psychiatrisch behandeln zu lassen.
Insgesamt blieb Papst Franziskus in vielen Punkten schwer greifbar: Theologisch konservativ, aber dennoch dialogbereit. Eins war dem Argentinier immer wichtig: Hoffnung zu vermitteln. Die Hoffnung auf Wandel in der katholischen Kirche. Ob er sie erfüllt hat, dürften die rund 1,4 Milliarden Katholikinnen und Katholiken höchst unterschiedlich beantworten.
Verwendete Quellen
- Lebendiges Museum Online: Biografie von Papst Franziskus
- Konrad-Adenauer-Stiftung: Die verstörend vielen Facetten des Franziskus
- Vatican News: Vatikan: Kein Abrücken vom Zölibat
- Haufe.de: Papst Franziskus erleichtert die Eheannullierung