• Es sind Bilder, die schwer aus dem Kopf zu bekommen sind: Menschen klammern sich an ihre Tiere, weil sie das einzige sind, was ihnen nach der Flutkatastrophe geblieben ist.
  • Doch nicht alle konnten ihre Tiere selbst retten.
  • Tierschutzvereine und Tierretter stehen im Dauereinsatz.

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Ein älteres Ehepaar steht schlammverschmiert vor den Resten seines Hauses. Die Flutkatastrophe hat den beiden nichts gelassen, ausser dem, was sie auf dem Arm tragen - ihren Hund.

Es sind solche Bilder, die dem Team des Tierschutzvereins Wachtberg nicht mehr aus dem Kopf gehen, wie Vorstandsvorsitzende Iris Tenorth erzählt. "Die hielten sich an diesem Tier fest", sagt sie. "Wenn Menschen aus den Häusern kommen, mit Schlamm bis zum Hals und ihr Tier auf dem Arm halten, weil es das Einzige ist, das ihnen geblieben ist - das berührt."

Erst die Menschen, dann die Tiere

Bei der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz konnten sich viele Menschen erst in letzter Sekunde vor dem Wasser retten - und mussten ihre geliebten Tiere zurücklassen. In den ersten Tagen ging es darum, aufzuräumen, Vermisste zu suchen und das Erlebte zu verarbeiten.

"Die ersten zwei Tage gab es eine Ohnmacht bei den Leuten", sagt Tenorth. Die Arbeit der Tierschützerinnen und Tierschützer begann kurze Zeit später: Tiere aus verlassenen Häusern holen, Besitzer ausfindig machen, Pflegestellen finden.

"So langsam kommen die Menschen jetzt aus ihrer Ohnmacht raus", sagt Tenorth. "Es werden unheimliche viele Tiere vermisst." Das Team aus dem Rhein-Sieg-Kreis arbeitet ehrenamtlich und seit der Flutkatastrophe sind die Mitarbeiter fast im Dauereinsatz.

Die geretteten Tiere sind oft verletzt - die Tierarztkosten explodieren

Tierretter im Hochwassergebiet
Eine Mitarbeiterin des Tierschutzvereins Wachtberg hält eine zusammengekauerte Ente auf dem Arm. Auch Wildtiere brauchen bei einer solchen Flutkatastrophe Hilfe. © dpa / Tierschutzverein Wachtberg e.V./dpa

Etwa 30 Tiere habe der Tierschutzverein Wachtberg in den ersten Tagen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gerettet - Hunde, Katzen Schafe, Enten. Viele von ihnen waren ölverschmiert oder verletzt.

Das hat auch Claus-Peter Krah, Vorsitzender des Tierheims und Tierschutzvereins Kreis Ahrweiler, direkt an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen, erlebt. "Wir haben explodierende Tierarztkosten", sagt er. Die meisten Tiere müssten nach ihrem Fund zunächst für mindestens zehn bis 14 Tage in Quarantäne. "Kein Tier hat logischerweise seinen Impfpass dabei."

Auch sein Team hat mehrere dutzend Tiere gerettet, unter anderem Ringelboas, Vogelspinnen, Enten, Schafe, Pferde. "Die ersten Tage waren sehr schwierig. Da hatten wir das Buch gefüllt mit Notfallfahrten, die wir sonst eigentlich nur nachts haben."

Die Tierrettung Essen e.V. war ebenfalls während der Katastrophe unterwegs, unter anderem in den stark betroffenen Ortschaften Düren und Erftstadt. In Düren wurden sie gerufen, als zwei Ponys im brusthohen Wasser standen, sagt Leiter Stephan Witte. Sie konnten gerettet werden.

Hoffnung stirbt zuletzt: Viele Tierbesitzer fragen beim Tierschutzverein nach ihren vermissten Lieblingen

Mittlerweile würden immer weniger Tiere lebend gefunden, immer öfter gehe es auch um die Bergung von toten Tieren.

Beim Tierschutzverein Ahrweiler rückt mehr als zwei Wochen nach der Flutkatastrophe die Vermittlung in den Fokus. "Mindestens zehn Leute rufen pro Tag an, um nach ihren vermissten Tieren zu fragen. Das wird jetzt immer mehr."

Dem Umweltministerium in Düsseldorf liegen noch keine Zahlen zu vermissten oder gestorbenen Tieren während der Hochwasserkatastrophe vor, wie ein Sprecher mitteilte.

Die Tierretter arbeiten daran, Tiere und Besitzer wieder zu vereinen. Die Arbeit ist nicht ungefährlich. "Wir haben viele Tiere aus verlassenen Häusern rausgeholt, sind immer mit mindestens zwei Leuten reingegangen zur Sicherung", sagt Tenorth.

Gesperrte Strassen und die zerstörte Infrastruktur erschweren die Arbeit zusätzlich. "Wir sind auch in Orte, die abgeschnitten waren, mit dem Quad durch die Berge gefahren, weil wir anders nicht hingekommen sind", sagt Tenorth. Es gab auch Gebiete, in denen Tiere auf sich allein gestellt waren: "Rund um die Steinbachtalsperre war es einfach zu gefährlich."

Das Team will weitermachen. Wenn sie Menschen wieder mit ihren Tieren zusammenbringen können, sei es das wert. "Sie weinen viel am Telefon und sind unendlich erleichtert, wenn sie ihre Tiere finden", sagt Tenorth. "Wir versuchen, unseren Beitrag zu leisten. Jeder tut eben, was er kann." (Mona Wenisch,dpa/ank)

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