Kurz vor der nächsten Weltklimakonferenz haben Experten unter die Lupe genommen, was die Staaten bisher im Rahmen des Paris-Abkommens versprechen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Indes warnen Tausende Wissenschaftler in einem gemeinsamen Appell vor einem Klima-Notfall.

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Die Pläne der meisten Staaten im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens reichen einem neuen Bericht zufolge nicht aus, um die schneller werdende Erderhitzung zu bremsen. Fast drei Viertel der 184 Zusagen zum Einsparen von Treibhausgasen, die Länder eingereicht haben, sind demnach nicht ehrgeizig genug.

Gemessen am Ziel, den Ausstoss bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren, seien nur die 28 EU-Staaten gemeinsam und sieben weitere Länder auf Kurs, heisst es in der am Dienstag vorgestellten Auswertung von fünf Autoren, von denen vier auch schon für den Weltklimarat IPCC gearbeitet haben.

"Unsägliches menschliches Leid"

Zeitgleich warnen mehr als 11.000 Wissenschaftler aus 153 Ländern in einer gemeinsamen Erklärung vor einem weltweiten Klima-Notfall. Darunter sind 871 Forscher deutscher Universitäten und Institute.

Wenn sich das menschliche Verhalten, das zu Treibhausgasausstoss und anderen den Klimawandel begünstigenden Faktoren führt, nicht grundlegend und anhaltend verändere, sei "unsägliches menschliches Leid" nicht mehr zu verhindern. Das steht in der am Dienstag veröffentlichten Erklärung.

"Wissenschaftler haben eine moralische Pflicht, die Menschheit vor jeglicher katastrophaler Bedrohung zu warnen", sagte Ko-Autor Thomas Newsome von der University of Sydney. "Aus den vorliegenden Daten wird klar, dass wir einem Klima-Notfall gegenüberstehen."

Veränderungen in sechs Bereichen

"Obwohl global seit 40 Jahren verhandelt wird, haben wir weiter gemacht wie vorher und sind diese Krise nicht angegangen", sagte William Ripple, der den Zusammenschluss der Wissenschaftler gemeinsam mit seinem Kollegen Christopher Wolf von der Oregon State University in den USA anführt. "Der Klimawandel ist da und er beschleunigt sich rascher als viele Wissenschaftler erwartet hatten."

Die Forscher fordern in ihrem Beitrag im Fachjournal "BioScience" Veränderungen in vor allem sechs Bereichen:

  • Umstieg auf erneuerbare Energien
  • Reduzierung des Ausstosses von Stoffen wie Methan und Russ
  • besserer Schutz von Ökosystemen wie Wäldern und Mooren
  • Konsum von mehr pflanzlichen und weniger tierischen Produkten
  • nachhaltige Veränderung der Weltwirtschaft
  • Eindämmung des Anwachsens der Weltbevölkerung.

Klimaschutz-Pläne sollen nachgeschärft werden

Im Pariser Abkommen haben sich fast alle Staaten der Welt das Ziel gesetzt, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, um katastrophale Folgen wie Hitzewellen und Dürren, extreme Regenfälle und den Anstieg der Meeresspiegel zu begrenzen. Ginge es weiter wie bisher, läge der Anstieg Ende dieses Jahrhunderts wohl bei gut drei Grad.

Es ist schon lange klar, dass die nationalen Klimaschutz-Pläne in der Summe nicht ausreichen, um den Klimawandel einzudämmen. Alle fünf Jahre sollen sie deshalb nachgeschärft werden, so dass die Weltgemeinschaft insgesamt immer ehrgeiziger wird. 2020 ist es soweit, dann sollen neue Pläne auf den Tisch.

Es ist festgelegt, welcher Staat welchen Anteil erbringen muss. Allgemein gilt, dass reiche Industriestaaten und solche, die historisch betrachtet viel zum Klimawandel beigetragen haben, mehr Verantwortung übernehmen sollen. Die nächste Klimakonferenz findet in der ersten Dezemberhälfte in Madrid statt.

Im Fokus stehen vier Nationen

"Die Zusagen sind schlicht viel zu wenig und zu spät", kommentierte Co-Autor Robert Watson, bis 2002 im Vorstand des Weltklimarats, den von der US-Organisation Universal Ecological Fund veröffentlichten Bericht zu den Klimaschutzzielen. "Sogar wenn alle freiwilligen Klima-Zusagen voll umgesetzt werden, erreichen sie nur die Hälfte dessen, was notwendig ist, um die Beschleunigung des Klimawandels im nächsten Jahrzehnt zu begrenzen."

Besonders im Fokus der Autoren stehen vier Nationen, die zusammen mehr als die Hälfte der weltweiten Treibhausgase ausstossen: China, Indien, die USA und Russland. Das bevölkerungsreichste Land China hat einen Anteil von rund 27 Prozent - und die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) und anderen Klimagasen dort nähmen wegen des Wirtschaftswachstums weiter zu, heisst es im Bericht.

Zugesagt hat Peking bisher nur, dass sie nicht im gleichen Masse zunehmen sollen wie das Bruttoinlandsprodukt. Das gelte auch für Indien, das einen Anteil von sieben Prozent am globalen Treibhausgas-Ausstoss habe.

USA kündigen Klimaabkommen

Die USA haben sich inzwischen auch offiziell aus den internationalen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel verabschiedet: Die US-Regierung habe ihre Kündigung für das Klimaabkommen von Paris eingereicht, teilte Aussenminister Mike Pompeo am Montag mit. US-Präsident Donald Trump hatte den Ausstieg in die Wege geleitet.

Die ursprünglichen Zusagen der Vereinigten Staaten mit ihrem Anteil von gut 13 Prozent am globalen Treibhausgas-Ausstoss bewerten die Autoren des Berichtes noch als "in der Schwebe" - aber die aktuelle Politik reiche nicht aus. Russland, dessen Anteil bei knapp fünf Prozent liege, habe noch gar keine Pläne eingereicht.

Die 28 Staaten der EU haben gemeinsam einen Anteil von neun Prozent - und sind dem Bericht zufolge mit ihren Plänen auf Kurs. Bis 2030 könnte der CO2-Ausstoss 58 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Daneben werten die Autoren nur noch Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, Moldawien, die Schweiz und die Ukraine als Länder, deren aktuelle Zusagen zum jetzigen Zeitpunkt ausreichen. (ff/dpa)

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