Für die Anklage ist der Fall klar: Der Vater hat sein Kind in einen Fluss gestossen. Der Vater bestreitet das vehement. Viele Zeugen sollen helfen, die Vorwürfe zu bewerten.
Im Mordprozess um den Tod eines sechsjährigen Kindes hat der angeklagte Vater vor dem Landgericht Innsbruck jede Schuld bestritten. Er sei in der fraglichen Nacht mit seinem geistig beeinträchtigten Kind wie so oft wegen dessen Unruhe spazieren gegangen. Dabei sei er überfallen, mit einer Flasche niedergeschlagen und beraubt worden, wiederholte der 39-Jährige bisherige Aussagen. Während seiner Ohnmacht müsse das Kind in den nahen Fluss gefallen sein. Laut Anklage hat der aus Deutschland stammende Verdächtige diese Version erfunden und vielmehr selbst den Jungen im August 2022 in die Hochwasser führende Kitzbüheler Ache gestossen.
Staatsanwaltschaft hält einstündige Ohnmacht des Vaters für unglaubwürdig
Die Staatsanwaltschaft erklärte zum Auftakt, es sei vollkommen unglaubwürdig, dass der 39-Jährige über eine Stunde lang ohnmächtig gewesen sein soll. "Die Medizin kann es uns nicht erklären, warum er so lange bewusstlos war - die Strafjustiz kann es." Videoaufnahmen zeigten, dass sich die Tatwaffe beim angeblichen Überfall - eine Sektflasche - im Kinderwagen befunden habe. Es gebe keine DNA-Spuren von einem etwaigen Täter am Handy oder an der Kleidung des Angeklagten - somit sei dies nicht mit dem angeblichen Raubüberfall in Einklang zu bringen. Das Handy - damals das neueste iPhone - sei nicht gestohlen, sondern in einem Mülleimer entsorgt worden.
Mögliches Motiv weiter unklar
Zwar habe der Vater sein Kind geliebt und sich jahrelang aufgeopfert, so der Ankläger. Als die Suche nach einem Kindergartenplatz in jenem Sommer gescheitert sei, habe sich der 39-Jährige aber in einer Nachricht an die Mutter gefragt, "wie viele Rückschläge man verkraften" könne. "Vielleicht wollte er sein Kind erlösen, vielleicht wollte er seine Familie erlösen", meinte der Staatsanwalt.
Bei den Ermittlungen wurden mehrere Sachverständigengutachten eingeholt und 100 DNA-Spuren analysiert. Unter anderem war überprüft worden, welche Mobiltelefone zur Tatzeit rund um den Tatort eingeloggt gewesen waren.
Aus Sicht der Verteidigung fehlt jedes Motiv für einen Mord, da der Vater ein liebevolles Verhältnis zu seinem Sohn gehabt habe. Ausserdem seien die Ermittlungen mangelhaft gewesen, sagte der Verteidiger des Verdächtigen kurz vor Beginn des auf drei Tage anberaumten Prozesses. In dieser Zeit sollen zahlreiche Zeugen aussagen. (dpa/aks)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.