Die unabhängige "Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres" hat das Unwort des Jahres 2015 gewählt. Die Jury hat sich für "Gutmensch" als Nachfolger von "Lügenpresse" entschieden.
Neben "Gutmensch", dem offiziellen "Unwort des Jahres 2015", wurden von der Jury auch die Begriffe "Hausaufgaben" in Bezug auf den Sparkurs der griechischen Regierung sowie "Verschwulung" gerügt.
"Gutmenschen" helfen Flüchtlingen
Das Wort "Gutmensch" sei zwar schon länger im Umlauf und war auch schon 2011 gerügt worden, heisst es in der offiziellen Erklärung der Jury, "doch ist es im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema im letzten Jahr besonders prominent geworden."
Vor allem weltoffene und tolerante Menschen, die sich mitunter auch persönlich und ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren, wurden im vergangenen Jahr als "Gutmenschen" beschimpft.
"Mit dem Vorwurf 'Gutmensch', 'Gutbürger' oder 'Gutmenschentum' werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischer Imperialismus diffamiert", begründet die Jury ihre Wahl.
Der Begriff "Gutmensch" werden keinesfalls nur im rechtspopulistischen Lager gegen Andersdenkende eingesetzt, sondern auch von Journalisten in Leitmedien, die damit "Pauschalkritik an einem 'Konformismus des Guten'" üben wollten, heisst es in der Erklärung weiter.
Dies, so die Jury", verhindere "einen demokratischen Austausch von Sachargumenten".
Mit der jährlichen Wahl will die Aktion nach eigenen Angaben auf "öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam machen." Dadurch solle das "Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung" gefördert werden.
Kriterien für Unwort-Kandidaten
Für eine Nominierung zum "Unwort des Jahres" müssen die Begriffe oder Formulierungen klare Kriterien erfüllen:
- gegen das Prinzip der Menschenwürde verstossen
- gegen Prinzipien der Demokratie verstossen
- einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren
- oder euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend sein
Die Begriffe müssen einer breiten Öffentlichkeit geläufig sein und in einem Bezug zu aktuellen Themen stehen. Auf die Nominierung der entsprechenden Wörter haben Bürgerinnen und Bürger direkten Einfluss.
Innerhalb eines Zeitrahmens von mehreren Wochen kann jeder seine Vorschläge an die Organisatoren der Aktion einschicken. Die Jury entscheidet sich dann auf Grundlage einer internen Diskussion für den Gewinner-Begriff.
669 Wörter in 1.644 Zusendungen
Für das "Unwort des Jahres 2015" waren 669 verschiedene Wörter eingeschickt worden, von denen rund 80 auch den Unwort-Kriterien der Jury entsprachen.
Die Jury erhielt insgesamt 1.644 Einsendungen. Die zehn häufigsten Einsendungen insgesamt, die allerdings nicht sämtlich den Kriterien der Jury entsprechen, waren Lärmpause, Willkommenskultur, Gutmensch, besorgte Bürger, Grexit, Wir schaffen das!, Flüchtlingskrise, Wirtschaftsflüchtling, Asylgegner/-kritiker/Asylkritik und Griechenlandrettung/ Griechenlandhilfe.
In den vergangenen beiden Jahren waren bereits Unwörter gewählt worden, die direkt oder indirekt mit dem Thema Flüchtlinge oder Zuwanderung zusammenhingen. 2013 wurde "Sozialtourismus" gewählt, 2014 machte die "Lügenpresse" das Rennen.
In diesem Jahr wurde die Jury aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten um den Kabarettisten Georg Schramm erweitert.
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