13 Tote, acht Vermisste und drei verunglückte Schiffe: In den vergangenen Tagen häuften sich Meldungen von Katastrophen auf See. Kann das Zufall sein? Wie sicher ist eigentlich die Schifffahrt?
Der Brand auf der Adria-Fähre "Norman Atlantic" kostete mindestens 13 Menschen das Leben, der Frachter "Hoegh Osaka" lief vor der britischen Küste auf Grund. Ein weitere Frachter, "Cemfjord", sank vor Schottland, noch immer werden acht Seeleute vermisst.
Ein Grund für die derzeitige Häufung der Katastrophen: Das Wetter. "Jetzt im Winter gibt es gerade vor der britischen Küste schwere Stürme, die Schiffe zum Kentern bringen können", sagt Stefan Krüger, Leiter des Instituts für das Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit an der Technischen Universität Hamburg-Harburg.
Globalisierungsdruck gefährdet die Sicherheit an Bord
Doch generell gilt: Schiffe gehören zu den sichersten Verkehrsmitteln überhaupt. Tödliche Unfälle sind deutlich seltener als beim Auto-, Motorrad- oder Fahrradfahren. Wenn es dennoch zu Unglücken kommt, ist menschliches Versagen die Hauptursache. Das ergab eine Studie namens "Sicherheit und Schifffahrt 1912-2012" von der Universität Cardiff und der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), einer Tochtergesellschaft des Versicherungskonzerns Allianz.
Zu den grössten Risiken des modernen Seetransports zählt laut der Studie der Kostendruck unter den Reedereien. Um im globalen Wettbewerb mithalten zu können, setzen die Schiffseigner auf eine knapp kalkulierte Crew an Bord, die teilweise aus Schwellenländern mit niedrigen Ausbildungsstandards stammt. "Die Besatzung ist oft nicht so gross wie sie sein sollte", bestätigt Volker Schellhammer, Leiter der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU). Ein übermüdetes, schlecht geschultes und gestresstes Personal ist die Folge.
Auch der enorme Zeitdruck im internationalen Geschäft spielt eine Rolle. Schellhammer nennt das Containerschiff "Rena" als Beispiel, das im Oktober 2011 vor Neuseeland auf ein Riff gelaufen ist. Da der Transport bereits Verspätung hatte, nahm der Kapitän eine Abkürzung - mit fatalen Folgen. 350 Tonnen Öl liefen ins Meer, ebenso ein Teil der Ladung.
International gibt es wenige Vorschriften
Einen ähnlichen Schiffsbrand wie bei der "Norman Atlantic" habe es auch 2010 in der Ostsee gegeben. Die Experten rieten damals nach der Untersuchung des Unfalls, Lastwagen auf einer Fähre nicht zu dicht nebeneinander zu stellen. Ein möglicher Brand könne sich bei eng stehenden Fahrzeugen leichter ausbreiten und zudem schwerer gelöscht werden. Doch aus wirtschaftlicher Sicht sind solche Massnahmen häufig unrentabel.
In Deutschland werden nach einem Schiffsunglück die Ursachen ermittelt und Sicherheitsempfehlungen ausgesprochen. International ist das nicht immer üblich, Vorschriften gibt es nur wenige. Die Seefahrt ist global, in den verschiedenen Ländern gelten unterschiedliche Regeln und Wertvorstellungen. "Im Unterschied zur Luftfahrt ist das Zulassungswesen in der Seefahrt privatisiert", sagt Schiffsicherheitsexperte Krüger. Einfach ausgedrückt: Die Unternehmen setzen sich ihre Standards zum grossen Teil selbst.
Da die Reedereien natürlich ihre Schiffe nicht verlieren wollen, funktioniere dieses System meistens auch. Vor allem die Kreuzfahrtindustrie sei sehr auf Sicherheit bedacht. Jede Katastrophe bedeutet eben auch einen enormen Imageschaden.
"Frauen und Kinder zuerst"? Von wegen!
Die alte Regel "Frauen und Kinder zuerst" im Fall einer Seenot findet aber nur selten Anwendung, deckte eine Studie 2012 auf. Die schwedischen Wissenschaftler Mikael Elinder und Oscar Erixson hatten 18 Schiffsunglücke in 100 Jahren untersucht und herausgefunden, dass bei elf von ihnen mehr Männer als Frauen gerettet wurden. Zudem überleben Kapitäne und Crewmitglieder deutlich häufiger als Passagiere. Im Notfall denken die meisten Menschen wohl zuerst an sich.
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