Knapp über eine Woche wüteten die verheerenden Waldbrände in Los Angeles, und das Ausmass der Zerstörung ist noch lange nicht absehbar. Einige Menschen schlagen nun bereits Kapital aus der Tragödie und bereichern sich an dem Schicksal der betroffenen Anwohner – teils auf illegale Art und Weise.

Mehr Panorama-News

Die Stadt der Engel ist seit knapp über einer Woche im Ausnahmezustand. Seit dem 7. Januar wüten insgesamt fünf verschiedene Brände in Stadtteilen wie Pacific Palisades und Altadena. Es ist die grösste Brandkatastrophe der Stadtgeschichte. Angefacht wurde das Ganze durch die sogenannten "Santa Ana"-Winde, die orkanartige Böen verursachten.

Mehr als 150.000 Menschen mussten in den vergangenen Tagen ihre Häuser verlassen. Einige Tausend verloren ihr gesamtes Hab und Gut in den Flammen. Die Feuerkatastrophe hat die Stadt optisch für immer verändert, doch die Anwohner rücken gleichzeitig so eng zusammen wie noch nie.

Neben der allgegenwärtigen Hilfsbereitschaft und Empathie vieler "Angelenos" zeigen sich auch die dunklen Seiten einer solchen Katastrophe: Gier und Opportunismus. Die Folge? Viele Betroffene der Feuerkatastrophe werden finanziell ausgenutzt – und das teils auf illegale Art und Weise.

Mietpreise schiessen in astronomische Höhe

In Stadtteilen wie Pacific Palisades und Altadena liegen ganze Strassenzüge in Schutt und Asche. Tausende Menschen sind auf der verzweifelten Suche nach einer vorläufigen Bleibe. Die bittere Folge: Die grosse Nachfrage verleitet einige Vermieter in der Stadt dazu, Profit aus dem Leid der Evakuierten zu schlagen und das grosse Geld zu machen.

Ein Haus, das noch vor wenigen Wochen für 17.000 US-Dollar zur Miete angeboten wurde, wird nun für 30.000 US-Dollar annonciert. "Es ist unfassbar. So viele Menschen werden einfach ausgenutzt und sie haben keine Chance, sich zu wehren", sagt die 53-jährige Stylistin Andrea Lieberman im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie selbst ist aktuell auf der Suche nach einer Ersatzwohnung.

Die aufgeblähten Preise machen nicht nur die Betroffenen fassungslos, sondern auch Immobilienmakler wie Jason Oppenheim, bekannt durch die Netflix-Serie "Selling Sunset". Im Interview mit "BBC One" stellt er klar: "In Kalifornien gibt es Gesetze gegen Preiswucher, die derzeit einfach ignoriert werden." Tatsächlich ist Preistreiberei illegal in Kalifornien und wird mit bis zu einem Jahr Haft und 10.000 Dollar Strafe geahndet.

Anbieter dürfen ihre Preise laut Gesetz nur um höchstens zehn Prozent anheben, wenn – wie bei den Waldbränden – der Notstand in der Stadt ausgerufen wurde.

Leere Luxus-Villen ziehen Plünderer an

Die vom Feuer betroffenen Stadtteile wie Pacific Palisades und Altadena sind nach wie vor weiträumig gesperrte Evakuierungszonen und dürfen nur von Feuerwehrleuten und Einsatzkräften mit spezieller Genehmigung betreten werden. Einige Plünderer verschaffen sich dennoch illegal Zutritt zu den Gebieten und brechen in Villen ein, die momentan leer stehen.

Wie Bezirksstaatsanwalt Nathan Hochman auf einer aktuellen Pressekonferenz mitteilt, wird bereits gegen zehn Verdächtige, die vor Ort festgenommen wurden, Anklage erhoben. Zwei der Verdächtigen sollen die "tragische" Situation der Bewohner ausgenutzt und Gegenstände im Wert von über 200.000 US-Dollar mitgenommen haben. Ihnen drohen laut Hochman im Falle einer Verurteilung langjährige Haftstrafen.

Kampf ums Geld geht bei den Versicherungen weiter

Das Ausmass der Brandkatastrophe ist noch nicht in vollem Masse abzusehen, doch schon jetzt warnen einige vor einer selbstverschuldeten Versicherungskrise. Viele private Versicherer haben sich bereits vor Ausbruch der Feuer aus Hochrisiko-Gebieten wie Pacific Palisades zurückgezogen. Beim Versicherer State Farm verloren im Juli 2024 beispielsweise rund 1.600 Anwohner ihren Versicherungsschutz.

Kritiker sehen hinter dieser Entwicklung unter anderem wirtschaftliche Interessen der Versicherungsunternehmen. Dies könnte die vielen betroffenen Hauseigentümer, die nun vor den Ruinen ihrer Existenz stehen, zusätzlich in grosse Schwierigkeiten bringen. Denn auch die staatliche Versicherung "California Fair Plan" soll die entstandenen Schäden in Milliardenhöhe nicht decken können.

Der demokratische Abgeordnete Jim Wood gab dazu bereits im vergangenen Jahr gegenüber der "Los Angeles Times" an: "Wir sind nur eine schlechte Feuersaison von der völligen Zahlungsunfähigkeit entfernt – es fühlt sich in vielerlei Hinsicht wie ein grosses Glücksspiel an."

Die Hoffnung bleibt in der Filmmetropole

Trotz der vielen Schicksalsschläge legt Los Angeles bereits jetzt den Fokus auf den Wiederaufbau. Zwar werden laut Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom mehrere Milliarden Dollar nötig sein, um die entstandenen Schäden zu beheben, aber schon jetzt häufen sich die Spendengelder aus der ganzen Welt.

Zudem ist schon ein Benefizkonzert für die Opfer Brandkatastrophe geplant. Die Veranstaltung mit dem Namen "FireAid" werde am 30. Januar in Inglewood südlich von Los Angeles stattfinden, teilten die Veranstalter mit. Das Line-up werde in den kommenden Tagen bekanntgegeben. Nach Angaben des Senders CNN vertreten Shelli und Irving Azoff, die das Konzert organisieren, eine Reihe berühmter Bands, darunter die Eagles, Fleetwood Mac und Maroon 5. Der gemeinsame Sohn Jeffrey Azoff sei Manager des Sängers Harry Styles.

Mit den eingenommenen Spendengeldern sollen demnach Menschen unterstützt werden, die durch die Brände aus ihren Häusern vertrieben wurden. Ausserdem fliesse der Erlös in den Wiederaufbau der Infrastruktur und in die Vorbereitung auf zukünftige Brandkatastrophen. Ein kleiner Trost und ein Zeichen dafür, dass jede Tragödie auch etwas Verbindendes hat.

Über die Gesprächspartnerin

  • Andrea Lieberman ist eine in Los Angeles lebende Stylistin und Designerin, die während der Waldbrände ihr Zuhause in Pacific Palisades verloren hat. Lieberman war jahrelang als erfolgreiche Promi-Stylistin tätig und hat mit Musikern wie Gwen Stefani und Jennifer Lopez zusammengearbeitet. Mittlerweile ist sie auch mit ihrer eigenen Kleidungslinie A.L.C. auf dem Markt.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.