Die Anzahl an hungernden Menschen steigt weltweit wieder an. Schuld daran ist auch der Klimawandel. Der Welthungerindex 2019 spricht von "gross angelegten Massnahmen", die für eine Bekämpfung nötig wären.
Die Welthungerhilfe warnt vor neuen Gefahren für die Ernährungssicherheit durch den Klimawandel in ohnehin gefährdeten Staaten. "Die Bekämpfung von Hunger und Unterernährung in einem sich wandelnden Klima erfordert gross angelegte Massnahmen, um klimawandelbedingte Ungerechtigkeiten zu beseitigen und gleichzeitig Umweltveränderungen zu minimieren, die katastrophal für die Menschheit sein könnten", heisst es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Welthungerindex 2019 der Organisation. Ein herber Rückschlag sei, dass die Zahl der Hungernden seit drei Jahren wieder ansteigt - auf nun 882 Millionen Menschen.
Welthunger-Index 2019: Lage ist "sehr ernst"
In ihrem jährlichen Bericht bewertet die Organisation die Lage in einzelnen Staaten anhand von vier Indikatoren: Anteil der Unterernährten sowie Auszehrung, Wachstumsverzögerung und die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren. In der Zentralafrikanischen Republik als einzigem Land wird die Lage als "gravierend" eingestuft. In vier Ländern - Tschad, Madagaskar, Jemen und Sambia - ist die Hungerlage "sehr ernst". Insgesamt sind die Index-Werte seit dem Jahr 2000 um 31 Prozent gefallen. Unter den 117 berücksichtigten Ländern weisen 43 ernste Hungerwerte auf.
"Die Verantwortung für den Klimawandel und seine Folgen sind sehr ungerecht verteilt. Die Menschen, die ihn am wenigsten verursacht haben, leiden am stärksten unter seinen Auswirkungen", warnte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme. Sie verwies auf Dürren, Überschwemmungen und Stürme. Nötig ist nach Einschätzung der Welthungerhilfe eine bessere Vorbereitung auf Katastrophen und eine gerechte Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen. Der Klimawandel müsse abgeschwächt werden, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden.
"Die globale Ernährungssicherheit und der Klimawandel sind die beiden Überlebensfragen der Menschheit", zitierte die Organisation eine Stellungnahme von Entwicklungsminister Gerd Müller. Aus den Dürreregionen Afrikas seien demnach bereits 20 Millionen Menschen geflohen. Er verwies auch auf Folgen von Kriegen wie in Syrien und dem Jemen.
"Der Index zeigt, dass Hunger wieder auf dem Vormarsch ist. Wir müssen abbiegen von der Strasse der Ignoranz und Bequemlichkeit", forderte der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Hoffmann. "Um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, muss Landwirtschaft in Staaten der Entwicklungszusammenarbeit intensiviert werden. Neue Biotechnologie dabei auszuschliessen, wäre im Sinne des Wortes tödlich."
Deutschland in der Pflicht
Die Grünen forderten Aussenminister Heiko Maas (SPD) auf, den Kampf gegen anhaltende Hungersnöte in vielen afrikanischen Ländern zu verstärken: "Das Auswärtige Amt steht in der Pflicht, seine Ankündigung umzusetzen, dass Deutschland sich mehr um diese "vergessenen Krisen" kümmern wird", sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen, Margarete Bause, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Zahl der Menschen, die unter Hunger und "mittlerer oder schwerer Ernährungsunsicherheit" leiden, sei zwischen 2014 und 2018 um 300 Millionen auf über zwei Milliarden angestiegen, teilte das Hilfswerk Brot für die Welt am Dienstag mit. Frauen und Mädchen seien stärker betroffen als Männer. Verantwortlich dafür sind vor allem fehlende rechtliche Gleichstellung und Diskriminierung beim Zugang zu Land. (dar/dpa)
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