Ein schweres Gewitter mit Sturmböen hat in der Nacht zum Mittwoch bei Rickenbach im Süden Baden-Württembergs zeltende Jugendliche überrascht. Ein 15-Jähriger starb, drei Jugendliche wurden verletzt, einer davon schwer, als ein Baum auf ein Zelt stürzte. Immer wieder sterben Menschen bei Unwettern, trotz Warnungen. Ein Grund, genauer hinzuschauen.

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Sommergewitter sind bei schwül-heissem Wetter nichts Neues. Die Wetterdienste hatten bundesweit vor möglichen Unwettern gewarnt.

Doch was steckt hinter diesen Wetterwarnungen? Wer warnt wann? Und wie präzise sind sie?

Was ist in Rickenbach passiert?

Eine insgesamt 21-köpfige Gruppe mit vier Betreuern hat auf einem Spielplatz bei Rickenbach nahe der Schweizer Grenze gezeltet.

Einige schliefen auch in einer Schutzhütte neben dem Spielplatz, da in den Gruppenzelten nicht genug Platz gewesen ist.

Die Gruppe stammt aus Herrenberg im Raum Stuttgart. Geplant war der Trip als Tagesausflug.

Um zwei Uhr ging bei der Polizei der erste Notruf ein. Ein 30 Meter hoher Baum war auf ein Gruppenzelt gestürzt.

Ein Jugendlicher war sofort tot, drei weitere wurden verletzt, davon einer schwer. Ein Hubschrauber flog den Schwerverletzten in eine Klinik nach Basel. Er ist inzwischen stabil.

Zunächst vermutete die Polizei als Ursache einen Blitzschlag, doch die Spuren deuteten mittlerweile eher auf eine Sturmböe hin, die den Baum entwurzelte.

In der Nacht war ein schweres Gewitter mit Sturmböen von bis zu 110 Stundenkilometern über den Kreis Waldshut hinweg gezogen.

Gab es für Rickenbach eine Warnung?

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte bereits am Dienstagmorgen eine Vorabinformation herausgegeben, nach der fast bundesweit mit teils schweren Gewittern zu rechnen war.

Insgesamt aber, so Diplom-Meteorologe Dominik Jung vom Wetterportal wetter.net, sei in den meisten Gebieten nichts passiert und bundesweit der Tag nicht so schlimm geworden, wie man befürchtet hatte.

Echte, lokal präzise Warnungen seien ohnehin nur etwa eine halbe Stunde vorher möglich. Und da reiche zumeist auch ein Blick in den Himmel, so Jung.

Andreas Friedrich, Tornado-Beauftragter des DWD, sagte gegenüber unserer Redaktion, diese Vorabmeldung sei um 0:46 Uhr zurückgenommen worden, da sich die Gewittergefahr in den meisten Gebieten von Westen her aufgelöst hatte.

Allerdings bestand parallel seit 23:26 Uhr eine konkrete Warnung vor einem schweren Gewitter mit Blitzschlag, Starkregen und der Gefahr umstürzender Bäume für den Kreis Waldshut-Tiengen.

Aufgrund der Schwere des Gewitters sei die Warnstufe 2 dann um 1:47 Uhr hochgestuft worden auf eine Unwetterwarnung (Stufe 3).

In der nahen Schweiz wurden Sturmböen mit teils 135 Stundenkilometern gemessen.

Ob bei dem tödlichen Unglück in Rickenbach Warnungen ignoriert oder übersehen wurden, ist nun Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.

Was ist eine Unwetterwarnung überhaupt?

Neben vielen privaten Portalen werden die amtlichen Unwetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst (DWD) herausgegeben.

Je nach Wetterphänomen gibt es bis zu vier Warnstufen - von einer Wetterwarnung bis hin zu einer extremen Unwetterwarnung.

Gestaffelt sind diese aufgrund mehrerer Indikatoren, etwa Blitzschlagdichte, Windstärke, Grösse von Hagelkörnern und Regenmenge je Stunde auf den Quadratmeter.

Im Falle von Gewitterwarnungen reicht eine dieser Begleiterscheinungen, also Blitzschlag, Starkregen, Hagel oder Sturm.

Wo wird gewarnt?

Seit dem Sommer 2016 wird nicht mehr auf Landkreisebene gewarnt, sondern auf Grundlage der Gemeindegebiete.

Aufgrund verbesserter Technik und schnellerer Datenübermittlung ist dieses granulare Warnmodell möglich.

Wie hoch ist die Unwetter-Vorwarnzeit?

Andreas Friedrich vom DWD erklärt, dass auch zeitlich abgestuft gewarnt wird.

Man müsse unterscheiden zwischen der Wochenvorhersage, die aufgrund einer Grosswetterlage bestimmte Warnungen möglich mache, etwa: Mittwoch kann es zu gewittrigen Niederschlägen kommen.

Dann gebe es präzisere Warnlageberichte, die etwa dreimal je Tag aktualisiert werden.

Regionale Vorabinformationen wie sie Dienstagmorgen erfolgt sind, seien auch keine Wetterwarnungen im spezifischen Sinn.

Wetterwarnungen in vier Stufen erfolgen lokal präzise und kurzfristig, etwa aufgrund von Gewittern oder Tornados, die sich manchmal binnen Minuten entwickeln.

Die Vorwarnzeit liegt hier laut Friedrich zwischen null und neunzig Minuten.

Unwetter kosten immer wieder Menschenleben

Unwetter haben in Deutschland allein in diesem Jahr schon sechs Menschen das Leben gekostet - darunter das jüngste Opfer in Baden-Württemberg. Ein Rückblick:

  • 19. Juli: Bei heftigen Gewittern mit starkem Regen, Sturm, Hagel und Blitzeinschlägen wird eine 51 Jahre alte Frau in Dortmund unter einem umgestürzten Baum eingeklemmt. Sie stirbt im Krankenhaus.
  • 22. Juni: In Niedersachsen erschlägt ein umstürzender Baum einen 50-jährigen Mann in seinem Auto. Eine 83 Jahre alte Autofahrerin stirbt nach dem Zusammenprall mit einem umgestürzten Baum.
  • 7. Juni: Ein drei Meter langer Ast erschlägt eine 73 Jahre alte Spaziergängerin in Sachsen. Er hatte sich bei starkem Wind in rund 15 Metern Höhe gelöst.
  • 18. März: Eine Autofahrerin in Brandenburg wird nahe der polnischen Grenze tödlich verletzt. Ein Baum stürzte auf ihr Auto.

Wie bekomme ich Unwetterwarnungen?

Andreas Friedrich vom DWD empfiehlt die WarnWetter App vom DWD, die per Push-Nachricht vor Unwettern warnt.

Die Schutzengelfunktion ortet sogar das Handy und warnt den Besitzer selbstständig, wenn sich das Handy in einem Gebiet mit aktueller Unwetterwarnung befindet.

(mit Material der dpa)


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