Rettungskräfte suchen nach Überlebenden, nachdem der Zyklon "Chido" über die Inselgruppe Mayotte im Indischen Ozean gefegt ist. Noch immer ist die Lage unübersichtlich. Die Behörden verhängten eine nächtliche Ausgangssperre. Auch in Mosambik gibt es Tote.

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Drei Tage nach dem verheerenden Wirbelsturm "Chido" auf der französischen Insel Mayotte im Indischen Ozean suchen Rettungskräfte weiter nach Überlebenden. "Was Frankreich in Mayotte erwartet, ist kolossal: Die Insel ist verwüstet", sagte der amtierende Innenminister Bruno Retailleau. "Der Staat ist seit der ersten Stunde mobilisiert, um den Opfern zu helfen und zu verhindern, dass weitere Krisen das Unglück noch vergrössern."

Die Zahl der Opfer zu ermitteln, werde mehrere Tage dauern, sagte Retailleau bei seinem Besuch der Inselgruppe. In einer vorläufigen Bilanz der Behörden vom Montagabend war von 21 Toten und mehr als 1.400 Verletzten die Rede. Örtliche Behördenvertreter befürchten Hunderte Tote.

Grafik-Karte: "Verortung Inselgruppe Mayotte im Indischen Ozean und Zugbahn "Chido"
© dpa-infografik GmbH

Mindestens 34 Tote durch "Chido" in Mosambik

Aus dem benachbarten Mosambik wurden am Dienstag mindestens 34 Tote gemeldet. 28 Tote seien bis Montagabend in der Provinz Cabo Delgado gezählt worden, teilte die Katastrophenschutzbehörde des südostafrikanischen Landes mit. Jeweils drei Menschen seien in den Provinzen Nampula und Niassa ums Leben gekommen.

Auf dem afrikanischen Festland vor Mayotte erreichte der Sturm eine Geschwindigkeit von bis zu 240 Kilometern pro Stunde. Auch dort seien die Bergungsarbeiten weiter im Gange, hiess es. Der Umfang der Zerstörung könne noch immer nicht komplett eingeschätzt werden.

Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, UNICEF, sind allein in Mosambik mindestens 175.000 Menschen von dem Zyklon betroffen, vor allem in den nördlichen Provinzen Cabo Delgado und Nampula. "Chido" zerstörte demnach rund 24.000 Häuser sowie zahlreiche Schulen und Gesundheitseinrichtungen. Nach Angaben des staatlichen Stromversorgers EDM wurde die Energieversorgung von etwa 200.000 Menschen unterbrochen.

Verheerende Zerstörungen und Ausgangssperre in Mayotte

Der schlimmste Sturm, den die Insel seit 90 Jahren erlebte, war mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 220 Kilometern pro Stunde über Mayotte hinweggefegt. Zahlreiche Häuser und Hütten wurden dabei zerstört. Tausende Haushalte sind ohne Strom, auch mit der Wasserversorgung und dem Telefonnetz gibt es Probleme. Strassen sind blockiert oder nicht mehr befahrbar, einige Gebiete abgeschnitten.

In der Inselhauptstadt Mamoudzou wurden laut Berichten auch das Krankenhaus und Schulen getroffen sowie der Kontrollturm des Flughafens stark beschädigt.

Nach Zyklon "Chido" im Indischen Ozean
Zahlreiche Häuser sind zerstört. © dpa / Daniel Mouhamadi/AFP/dpa

"Alle Barackensiedlungen sind zerstört, daher rechnen wir mit einer hohen Zahl von Toten", hiess es in der örtlichen Verwaltung in Mayotte. Am Sonntagabend hatte der örtliche Präfekt François-Xavier Bieuville von Hunderten, wenn nicht Tausend Toten gesprochen. Es dürfte Tote geben, die nicht gelistet seien, denn Menschen auf Mayotte könnten ihre Verwandten nach muslimischer Tradition innerhalb von 24 Stunden beerdigen - ohne dass diese je auf Dokumenten der Kliniken auftauchten.

Das französische Innenministerium verhängte eine nächtliche Ausgangssperre in Mayotte, um Plünderungen zu verhindern. Sie gelte zwischen 22:00 Uhr und 4:00 Uhr, teilte das Ministerium am Dienstag mit. Nach Angaben der Präfektur waren 1.600 Sicherheitskräfte im Einsatz, um Plünderungen zu verhindern.

Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend nach einer Krisensitzung einen Besuch auf der Insel im Indischen Ozean "in den kommenden Tagen" angekündigt. Er wolle zudem eine Staatstrauer ausrufen, schrieb Macron im Onlinedienst X.

Nachwehen von Zyklon "Chido" gefährden weitere Menschenleben

Indes ist die Gesundheitsversorgung vor Ort schwierig. Frankreichs geschäftsführende Gesundheitsministerin Geneviève Darrieussecq sprach im Sender France 2 von einer "sehr verschlechterten Situation, mit einem stark beschädigten Krankenhaus und nicht funktionsfähigen Gesundheitszentren". Man müsse nun auch besonders wachsam mit Blick auf übertragbare Krankheiten sein, die etwa durch den Konsum von verschmutztem Wasser oder verdorbenen Lebensmitteln entstünden.

Nach Zyklon "Chido" im Indischen Ozean
Überall auf Mayotte laufen Aufräumarbeiten. © dpa / UIISC7/Securite civilevia AP/dpa

"Es gibt weder Wasser noch Strom, die Menschen fangen an, Hunger zu leiden", sagte die Senatorin von Mayotte, Salama Ramia, dem Sender BFM. "Wir brauchen dringend Hilfslieferungen", fügte sie hinzu. Einwohner berichteten von Plünderungen. "Wenn wir nicht schnell handeln, wird es ein gesundheitliches Drama geben", sagte der Bürgermeister von Ouangani Youssouf Ambdi.

Verteidigungsminister Sébastien Lecornu kündigte das Einrichten einer Luftbrücke von der 1.400 Kilometer entfernten französischen Insel La Réunion an. Gesundheitsministerin Geneviève Darrieussecq stellte den Aufbau eines mobilen Krankenhauses in Aussicht. Schwer kranke Menschen sollten zunächst nach La Réunion ausgeflogen werden.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen stellte nach eigenen Angaben ein Team zusammen, um so bald wie möglich die Bedürfnisse vor Ort zu beurteilen. Die Organisation äusserte sich "besonders besorgt um die Menschen, die in den völlig zerstörten Barackensiedlungen leben", hiess es in einer Mitteilung. Die Lebensbedingungen dieser Menschen seien schon vor dem Wirbelsturm "äusserst prekär" gewesen.

Nach Angaben des Roten Kreuzes sind 20 Tonnen Hilfsgüter unterwegs. Bis Donnerstag soll eine mobile Klinik aufgebaut werden. Das französische Innenministerium entsendet 400 Gendarme, um die 1.600 Sicherheitskräfte vor Ort zu unterstützen.

Die Stärke des Sturms wurde durch das ungewöhnlich warme Wasser des Indischen Ozeans begünstigt, der Temperaturen von bis zu 30 Grad erreicht hatte. Nach übereinstimmender Einschätzung von Wissenschaftlern nehmen extreme Wetterphänomene in Folge des menschengemachten Klimawandels weiter zu.

Das französische Überseegebiet Mayotte liegt im Indischen Ozean etwa zwischen der Küste von Mosambik und dem Inselstaat Madagaskar. Die Insel hat offiziell etwa 320.000 Einwohner, hinzu kommen zwischen 100.000 und 200.000 Einwanderer ohne Papiere, die zum grössten Teil von den benachbarten Komoren kommen. (dpa/AFP/bearbeitet von ank)

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