Die Muotathaler Wetterschmöcker sind für die Schweiz das, was für die Amerikaner der Murmeltiertag ist. Entsprechend wird ihre Wettervoraussage immer mit grosser Spannung erwartet. Peter Suter, mit 90 der Älteste der sechs Propheten, hat dabei eine Trefferquote von 80 Prozent.
Jedes Jahr ist die Frühlingsversammlung der Muotathaler Wetterschmöcker weit mehr als nur die Verkündung der ersehnten Sommerprognose: Es ist ein Volksfest, zu dem mehr als 700 Mitglieder aus der ganzen Schweiz anreisen.
Schliesslich sind die sechs Innerschwyzer Meteorologen für ihren Humor und ihren Sprachwitz bekannt. Und für ihre Uneinigkeit – denn jeder der sechs Muotathaler Wetterschmöcker hat seine ganz eigenen Methode, uns das Wetter vorauszusagen. Gemeinsam ist ihnen nur, dass ihre Prophezeiungen auf Naturbeobachtungen basieren.
Gründung 1947
Das Verhalten der Ameisen, der Tannzapfen und der Feldmäuse spielt für sie eine weit grössere Rolle als Satelliten, Messinstrumente oder das Azorenhoch.
Sehen, fühlen und hören was die Natur zu sagen hat: Darin liegt das Geheimnis der Wetterschmöcker-Vorhersagen. Und auch ihre grösste Angst, dass dieses über Generationen weitergegebene Wissen verloren geht.
Diese Angst war es auch, die die Gründung des meteorologischen Vereins vorantrieb. Damals 1947, als das Radio aufkam.
Dass der mittlerweile 90-jährige Peter Suter seit der Gründung dabei ist, liegt auch daran, dass sich das Wirtshaus Adler, wo sich die Wetterschmöcker treffen, nur 300 Meter von seinem Elternhaus entfernt befand. Doch Prophet wurde er erst viel, viel später.
"Mit gerademal 20 Jahren bin ich damals einfach viel zu jung für diese verantwortungsvolle Aufgabe gewesen. Obwohl ich das Vorhersagen schon als Bub von meiner Mutter gelernt habe", sagt er.
Im Laufe der Jahre hat er seine Trefferquote auf 80 Prozent hochgeschraubt. Deshalb konnte er den Wanderpreis – eine aus Holz geschnitzte Eule - und den Titel "Wetterkönig" schon elfmal entgegen nehmen.
Dennoch freut sich der 90-Jährige immer wieder wie ein kleines Kind. "Denn das Glück ist so wechselhaft wie das Aprilwetter", sagt der Innerschwyzer, bevor er seine Frau zu einem Tänzchen bittet.
Einziger Muotathaler unter den Propheten
Als einziger der illustren Propheten-Runde stammt er auch tatsächlich aus dem im Kanton Schwyz gelegenen wildromantischen Ort Muotathal im fast gleichnamigen Muotatal. Doch aller Idylle zum Trotz seien die Wettervorhersagen früher überlebenswichtig gewesen, erläutert Suter.
Davon hing ab, ob die Familie eine ausreichende Ernte eingefahren würde. Stundenlang sass der Bub auf der Alpe und beobachtete die Ameisen. "Wenn sie zum Hochzeitsflug aufbrechen, ist das ein Zeichen für einen bevorstehenden Wetterumschwung", verrät er.
Auch das Klopfen des Spechts habe er genau im Ohr. Verändere der Waldvogel den Ton, müsse man mit Regen rechnen.
Sein knorriges Schwyzerdütsch macht es nicht einfach, seine Worte zu verstehen. Doch die von der Sonne gegerbte Haut verrät, dass sein Leben auf der Alp kein Leichtes war.
Gut gehütetes Geheimnis
Noch heute als 90-Jähriger verbringt Suter viel Zeit in der Natur und kennt das Muothal wie kein anderer.
Den fünf anderen Wetterschmöckern fühlt er sich deshalb auch ein wenig überlegen. Schon weil seiner Meinung nach die überdüngten Wiesen am Taleingang keine verlässlichen Prognosen mehr zulassen.
Doch er räumt ein, dass auch er schon mal daneben liege. "Immer richtig vorhersagen, dass schafft niemand." Dass deshalb viel Zündstoff zwischen den Männern liegt, quittiert er mit einem schelmischen Grinsen.
"Früher hat der Pfarrer schon mal einen Streit schlichten müssen", sagt Suter und betont auch gleich: "Die genauen Tricks wie sie zu ihren Prognosen kommen, bleiben deshalb ein Geheimnis."
Ebenso wie die Antwort, was zur Sommerprognose für dieses Jahr führte. Nur so viel verrät er. "Dieses Mal sind wir uns alle ziemlich einig."
Gut so, denn damit erhöht sich Voraussage, dass uns ein schöner Sommer bevorsteht, gleich ums sechsfache.
Die Prognosen der anderen Wetterpropheten:
Alois Holdener: "Der Sommer wird viel Biswind haben und eher trocken ausfallen. Der Herbst wird schön und zu warm."
Roman Ulrich: "Schöner Sommer, nicht allzu viel Gewitter. Der Herbst wechselhaft aber doch nüd abverreckt."
Martin Holdener: "Es wird ein durchmischter Sommer, die Regen- und Sonnentage halten sich die Waage. Der Herbst wird gar nicht so schlecht."
Martin Horat: "Ein schöner Sommer ist in Aussicht. Den Herbst können wir auch nicht besser machen."
Kari Hediger: "Der Sommer wird vielerorts zu trocken und heiss mit starken Abkühlungen und Gewitter dazwischen. Der Herbst ist gut genug."
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