Die meisten Länder haben die Todesstrafe längst abgeschafft, in anderen Staaten sinkt die Zahl der Hinrichtungen. Aber längst nicht in allen. Ein Land macht Amnesty International besonders grosse Sorgen.
Die Zahl der dokumentierten Hinrichtungen weltweit ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesunken. Nach der am Montag veröffentlichten Jahresstatistik der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde die Todesstrafe in 20 Ländern insgesamt mindestens 657 Mal vollstreckt. Das ist ein Rückgang von fünf Prozent im Vergleich zu 2018. Es gab aber auch Länder, in denen die Zahl der Hinrichtungen zunahm: Saudi-Arabien, Irak, Südsudan und Jemen.
Die Länder mit den meisten Exekutionen waren nach Erkenntnissen von Amnesty China und Iran. China wird in der Statistik aber nicht berücksichtigt, da dort die Hinrichtungen geheim gehalten werden und eine genaue Dokumentation nicht möglich ist. Amnesty schätzt die Zahl auf mehrere Tausend. Im Iran seien 251 Menschen hingerichtet worden, darunter vier Minderjährige.
Sorge über Entwicklungen in Saudi-Arabien
"Die Todesstrafe ist mit den grundlegenden Menschenrechten unvereinbar und gehört endlich weltweit abgeschafft", sagte der Deutschland-Chef von Amnesty International, Markus Beeko. Die überwiegende Mehrheit der Staaten erkenne dies an. "Wir müssen die internationale Aufmerksamkeit verstärkt auf die kleine Gruppe von Staaten lenken, die Jahr für Jahr Menschen hinrichten."
Einige wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht:
- Neben China und Iran zählten Saudi-Arabien (184), Irak (mindestens 100) und Ägypten (mindestens 32) zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen.
- Abgesehen von China fanden 88 Prozent aller Exekutionen in der Region Naher Osten und Nordafrika statt.
- Nicht nur bei der Vollstreckung der Todesstrafe gibt es einen Abwärtstrend, auch die Todesurteile nahmen 2019 ab. Nach den Amnesty-Recherchen waren es 2.307 in 56 Ländern, im Vergleich zu 2.531 in 54 Ländern in 2018 (jeweils ohne China).
- Von den rund 200 Ländern der Welt haben 106 die Todesstrafe per Gesetz für alle Straftaten und weitere 36 in der Praxis abgeschafft.
- Ausserdem gab es laut Amnesty in mehreren afrikanischen Ländern eine Entwicklungen hin zu einer Abschaffung der Todesstrafe: Äquatorialguinea, Zentralafrikanische Republik, Kenia, Gambia und Simbabwe.
Sorge bereitet Amnesty vor allem die Entwicklung in Saudi-Arabien, das in diesem Jahr die Präsidentschaft in der G20-Staatengruppe der führenden Wirtschaftsmächte hat. Im vergangenen Jahr seien dort 184 Menschen hingerichtet worden - eine Steigerung um 23 Prozent und die höchste Zahl, die Amnesty International je für den autoritär geführten Wüstenstaat dokumentiert hat. Die meisten Todesurteile ergingen wegen Drogendelikten und Mordes. Die saudische Führung setze die Todesstrafe aber auch als "politische Waffe" gegen Oppositionelle der schiitischen Minderheit ein, beklagt Amnesty. Als Beispiel nennt die Organisation eine Massenhinrichtung von 37 Personen, unter denen sich 32 schiitische Männer befanden.
Eine deutliche Steigerung der Hinrichtungen gab es nach den Amnesty-Recherchen auch im Irak - von mindestens 52 im Jahr 2018 auf mindestens 100 im Jahr 2019. Der Hintergrund ist hier aber ein ganz anderer: Die Entwicklung sei vor allem auf Todesurteile gegen Menschen zurückzuführen, denen die Mitgliedschaft in der Terrororganisation Islamischer Staat vorgeworfen wird, heisst es in dem Bericht.
Positiv hebt Amnesty ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen im US-Bundesstaat Kalifornien hervor. Kalifornien ist der US-Bundesstaat mit der grössten Zahl zum Tode verurteilter Häftlinge. New Hampshire schaffte als 21. US-Bundesstaat die Todesstrafe für alle Verbrechen ab. © dpa
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