Vor 30 Jahren zerfetzte eine Bombe der RAF den Dienst-Mercedes Alfred Herrhausens. Der damalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank hatte keine Überlebenschance. Dachte man. Ein kleines Detail aber wirft ein neues Licht auf das Attentat.
Es ist ein kühler Morgen am 30. November 1989. Gegen 8:30 Uhr verlässt Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen sein Haus in Bad Homburg, um sich ins nahe Frankfurt fahren zu lassen. Zwei Monate später, am 30. Januar 1990 würde er einen runden Geburtstag feiern, seinen 60. Er wird ihn nicht erleben.
Begleitet von Sicherheitsleuten in zwei weiteren Limousinen rollt der Tross den Seedammweg entlang. Plötzlich ertönt ein lauter Knall. Mehrere Kilo Sprengstoff, deponiert auf einem Kinderfahrrad, gehen in die Luft.
Bombe der RAF tötet Alfred Herrhausen
Die Bombe trifft den Spitzenmanager, der hinten im Auto sitzt, mit ungeheurer Präzision. Herrhausen stirbt am Tatort, sein Fahrer überlebt verletzt.
30 Jahre später wird bekannt, dass auch Herrhausen unter anderen Umständen eine Chance gehabt hätte, das schwere Attentat zu überleben.
Der gepanzerte Dienstwagen, ein Mercedes der damaligen S-Klasse, wies einem "Spiegel"-Bericht zufolge eine Schwachstelle auf.
Einbau einer Fensterkurbel schwächt die Panzerung
Herrhausen habe in eine Fahrzeugtür "einen nicht vorgesehenen Kurbelmechanismus einbauen lassen, um das Fenster aus Panzerglas öffnen zu können", sagte der damalige Leiter der Terrorbekämpfung beim Bundeskriminalamt (BKA), Martin Tuffner, dem Magazin laut Vorabmeldung vom Freitag.
"Ohne diese Änderung wäre Herrhausens Überlebenschance vielleicht höher gewesen", fügte Tuffner hinzu.
Für den Kurbelmechanismus hätten Teile der Türpanzerung entfernt werden müssen. Exakt auf diese Fahrzeugtür war laut "Spiegel" die Bombe ausgerichtet, mit der die Rote Armee Fraktion (RAF) Herrhausen tötete. Sie wurde mithilfe einer Lichtschranke gezündet. Diese hatten die Attentäter zuvor am Fahrbahnrand installiert.
Anruf der RAF widert Herrhausens Patentochter an
Die RAF bekannte sich nicht nur per Schreiben zur Tat, sondern auch per Anruf bei der trauernden Familie. Daran erinnerte sich Herrhausens Patentochter, die Publizistin Carolin Emcke, kürzlich in dem Podcast "Alles gesagt": "Das ist von einer Widerwärtigkeit, die einen schon nachhaltig verstört."
Das BKA hat nie aufgehört, nach den Tätern zu suchen. In den vergangenen drei Jahrzehnten gingen zu dem Anschlag 1.500 Hinweise ein.
Vermutlich konnten die Täter - getarnt als Bauarbeiter - die Technik ungestört vorbereiten. Anfang der 90er Jahre sah es nach einem Fahndungserfolg aus, als Sigfried Nonne, ein früherer V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes, mehrere RAF-Mitglieder und sich selbst belastete.
Doch die Widersprüche waren gross. Nonne, dem ein Gutachter massive psychische Störungen nachwies, widerrief zwischenzeitlich seine Aussage, um dann den Widerruf zurückzunehmen.
Verdacht gegen die Stasi erhärtete sich nicht
Später kam der Verdacht auf, die Stasi könnte an dem Mord beteiligt gewesen sein. Dazu gebe es keine konkreten Anhaltspunkte, heisst es heute aus Ermittlerkreisen. An Spekulationen werde man sich nicht beteiligen.
Die Bundesanwaltschaft äussert sich laut "Spiegel" nicht zu dem Sachverhalt mit der auf Kosten der Panzerung eingebauten Fensterkurbel. (hau/AFP/dpa)
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