Ein "Freundeskreis" der AfD behauptet auf Plakaten zum bayerischen Landtagswahlkampf: "Franz Josef Strauss würde AfD wählen." Die Tochter des CSU-Übervaters hält dagegen und auch Politikexperten sind ganz anderer Ansicht.

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Monika Hohlmeier ist empört: "Mein Vater hätte die AfD bekämpft", sagt die Tochter der CSU-Legende Franz Josef Strauss in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeine". Hintergrund der Distanzierung: Ein AfD-naher Verein klebt in Bayern derzeit Wahlplakate mit der Behauptung: "Franz Josef Strauss würde die AfD wählen".

Ist die Aussage wirklich völlig haltlos, wie Hohlmeier sagt? Gibt es nicht zumindest Parallelen zwischen Strauss' Politikstil und dem der AfD? Unsere Redaktion hat mit zwei Politik-Experten gesprochen.

Dass Franz-Josef Strauss, dessen Tod am heutigen 3. Oktober 2018 genau 30 Jahre zurückliegt, ähnlich wie die AfD einen Hang zu verkürzenden Formulierungen hatte, gibt Professor Werner Weidenfeld zu. Doch der Münchner Politikwissenschaftler sieht einen wichtigen Unterschied zwischen Strauss' Wortwahl und dem populistischen Umgang der AfD-Politiker mit Fakten und Politik.

Natürlich habe Strauss gerne "vereinfachende Überschriften" benutzt. Aber "inhaltslose Slogans und Ersatzlösungen, wie die AfD sie anbietet", seien nicht Strauss‘ Methode gewesen: "Franz Josef Strauss war in programmatischen Fragen sehr präzise. Er war ein strategischer Kopf", sagt Weidenfeld und resümiert: "Im Umgang mit Strauss wäre die AfD nicht mal zum Luftholen gekommen."

"So weit nach rechts wäre Strauss nie gegangen"

Dabei neigte Strauss - langjähriger bayerischer Ministerpräsident, mehrmaliger Bundesminister und gescheiterte Kanzlerkandidat der CDU/CSU - durchaus auch zu polarisierenden Vereinfachungen.

Viele der Sätze, mit denen er Gegner zu diskreditieren versuchte, gehören zum Zitatenschatz der politischen Nachkriegsgeschichte Deutschlands. Zum Beispiel jenes, in dem er kritische Künstler als "Ratten und Schmeissfliegen" beschimpfte. Doch selbst wenn Strauss zu stammtischhafter Polemik und extremen Vereinfachungen neigte - Klaus Schröder, Professor für Politik und Zeitgeschichte an der Universität Berlin, findet die Frage, ob Strauss die AfD gewählt hätte, "zu kurz gestellt."

Vor allem nämlich stelle sich die Frage, ob und in welcher Form es die AfD heute geben würde, wenn Strauss noch leben würde und noch politische Ämter hätte: "Als aktiver Politiker hätte er natürlich nicht die AfD gewählt, sondern hätte die konservative Politik in Bayern und Deutschland in eine andere Richtung zu lenken versucht", sagt Schröder.

Die CSU, glaubt er, "würde heute deutlich weiter rechts stehen, wenn es Strauss noch gäbe. Er hätte knallhart einen Kurs betrieben, der in Richtung AfD gehen würde."

In Bayern würde die AfD neben einer von Strauss geführten CSU "vielleicht bei fünf oder sechs Prozent stehen, aber ganz sicher nicht bei 15 Prozent, wie jetzt vor der Landtagswahl".

Doch auch wenn die CSU mit Strauss in einigen Punkten rechter und in manchen Positionen nahe bei der AfD wäre, würde sie sich doch grundlegend von der derzeitigen bayerischen AfD unterscheiden, argumentiert Schröder: "Sie steht in Bayern sehr weit rechts - so weit wäre Strauss nicht gegangen."

Strauss hätte "in seiner Rhetorik vieles zugespitzt, was dann in der praktischen politischen Umsetzung dann ganz anders aussah".

"Strauss hat Orientierung gegeben"

Eine Strausssche CSU hätte grösseren Abstand zur CDU gewahrt und so die Rechte in Bayern klein gehalten, ist Schröder überzeugt. Das hätte sein Gutes gehabt, weil es für das politische System stabilisierend gewirkt hätte. Doch für die politische Kultur in Bayern und Deutschland wäre es gleichzeitig schädlich gewesen, "wenn die CSU Positionen der AfD schlicht übernommen hätte."

Die CSU steht derzeit historisch schlecht da. Aktuelle Umfragen sehen sie bei rund 35 Prozent und damit himmelweit von der gewohnten absoluten Mehrheit entfernt.

Hätte das auch unter Strauss passieren können? Weidenfeld nimmt an, dass dieser einen grossen Teil der rechts-konservativen Wählerschaft bei der Stange hätte halten können. "Die heutige Politik hat dramatisch an Orientierungskraft verloren. Viele Menschen sind irritiert, frustriert und ängstlich. Sie gehen zur AfD, weil diese Partei einfache Rezepte anbietet." Franz Josef Strauss hätte das verhindert, so Weidenfeld, "weil er in seinen Reden und Ausführungen Orientierung gegeben hat".

Gegen die Republikaner war Strauss erfolgreich

Tatsächlich gibt es einen stichhaltigen historischen Beleg dafür, dass Franz Josef Strauss in der Lage war, grössere Erfolge einer rechts von der CSU stehenden Partei zu verhindern: 1989 hatten die Republikaner für eine Sensation gesorgt, als sie bei den Europawahlen in Bayern auf 14,6 Prozent der Stimmen kamen und sechs Abgeordnete ins Europaparlament schickten.

Doch der Höhenflug endete schon ein Jahr später: Mit 4,9 Prozent der Stimmen scheiterte die Rechts-Gruppierung bei den bayerischen Landtagswahlen knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie verschwand in den folgenden Jahren allmählich wieder in der Bedeutungslosigkeit - gemäss Strauss' Credo, dass es in Bayern keine Partei rechts von der CSU geben dürfe.

Verwendete Quellen:

  • "Mein Vater hätte die AfD bekämpft" - Interview mit Monika Hohlmeier, Augsburger Allgemeine vom 2.10.2018
  • Gespräch mit dem Prof. Werner Weidenfeld.
  • Gespräch mit Prof. Klaus Schröder.
  • Historisches Lexikon Bayern: Die Republikaner (REP)
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