Geht es nach EU-Präsident Jean-Claude Juncker und seiner Kommission, so wird die Zeitumstellung noch vor der Europawahl im Mai abgeschafft. Gegen diesen Plan regt sich nun jedoch Widerstand: 16 Länder kritisieren fehlende Details und einen zu engen Zeitplan.
Nachdem sich im August in einer Online-Umfrage 84 Prozent der Teilnehmer gegen die Zeitumstellung ausgesprochen haben, drückt die EU-Kommission aufs Tempo: Noch vor der Europawahl im Mai 2019 soll das halbjährliche Vor- respektive Zurückstellen der Uhr abgeschafft werden. "Die Zeit drängt", sagte EU-Präsident Juncker im September in seiner Rede zur Lage der Union.
Damals legte die EU-Kommission auch gleich einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vor, dem EU-Parlament und Mitgliedsstaaten bis 31. März zustimmen müssten, um das Aus für die Zeitumstellung noch rechtzeitig vor der Wahl des Europaparlaments zu besiegeln.
Damit würde die als bürgerfern gescholtene Europäische Union demonstrieren, - so das Kalkül hinter dem ambitionierten Zeitplan - dass die Bevölkerung sehr wohl Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der EU habe.
Doch während aus dem Parlament bereits deutliche Unterstützung für den Vorstoss signalisiert wurde, regt sich aufseiten der EU-Staaten Widerstand, wie die europäische Ausgabe der Zeitung "Politico" unter Berufung auf EU-Diplomatenkreise berichtet.
Zu wenig Details, zu wenig Zeit
Demzufolge kritisieren 16 Länder, dass es dem Entwurf der Kommission an Details mangele und die Frist Ende März kaum einzuhalten sei.
"Die Kommission kippt ein unvollständiges Gesetz in den Schoss der Länder und sagt: 'Wir haben unsere Arbeit gemacht, jetzt machen Sie Ihre'", zitiert "Politico" einen der Diplomaten aus einem westeuropäischen Land. Die EU-Kommission hätte die Leitung besser behalten sollen, anstatt die einzelnen Staaten mit der Entscheidung alleine zu lassen.
Um sich zunächst auf nationaler und anschliessend auf internationaler Ebene abzustimmen und zu einer Entscheidung zu kommen, brauche es nach Ansicht der EU-Staaten aber mehr Zeit. Die Deadline im März sei kaum einzuhalten. Normalerweise vergehen mehrere Jahre, bis ein Gesetzesentwurf in der EU endgültig beschlossen ist.
Weniger als ein Prozent der EU-Bürger haben abgestimmt
Zudem kritisieren die Staaten laut "Politico", dass die Zahl der Teilnehmer an der Online-Umfrage sehr ungleichmässig über die Europäische Union verteilt sei. Während in Deutschland drei Millionen Bürger abgestimmt hatten, gaben nur etwa 20.000 Italiener ihre Stimme ab. Insgesamt gingen 4,6 Millionen Antworten bei der EU-Kommission ein - ein Rekord, aber immer noch weniger als ein Prozent der EU-Bürger.
Viele EU-Länder wollen ausserdem eine detaillierte Einschätzung, wie sich die Abschaffung beispielsweise auf Finanzmärkte oder Flug- und Fahrpläne auswirken könnte, bevor diese in die Realität umgesetzt wird.
Die Untersuchung, auf welche die EU-Kommission bei dieser Fragestellung verwiesen habe, ist nach Angaben eines Diplomaten "nicht wirklich überzeugend". (jwo/dpa)
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