Die Europäische Union will die Zeitumstellung abschaffen. Sie folgt damit dem Ergebnis einer EU-weiten Umfrage - wenngleich diese lediglich die Meinung von einem Prozent der Bürger abbildet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Plänen.
Im März eine Stunde vor, im Oktober eine Stunde zurück - seit Jahrzehnten wird in Europa zweimal im Jahr die Zeit umgestellt. Doch nun scheint das Ende dieser seit Jahren umstrittenen Regelung absehbar.
In einer EU-weiten Umfrage haben sich 84 Prozent der Teilnehmer für die Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen. Die Abstimmung war zwar nicht repräsentativ und auch nicht bindend. Doch EU-Kommissionspräsident
Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick
Wird die Zeitumstellung sicher abgeschafft?
Wahrscheinlich schon, aber noch nicht sofort. Die EU-Kommission hat zunächst einmal nur ein Vorschlagsrecht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen noch zustimmen. Wenn das noch vor Ende der Legislaturperiode im Mai 2019 passieren soll, müssen sie sich beeilen.
Die Befürworter der Abschaffung sind sich sicher, dass es im EU-Parlament eine Mehrheit dafür gibt. Im Rat der Mitgliedsländer ist die Lage unübersichtlicher. Auch Deutschland hat sich bisher nicht positioniert.
Stimmt das Bild, das die Umfrage zeigt?
Das ist fraglich. Die Umfrage war nicht repräsentativ - es konnte jeder mitmachen, und die Vermutung liegt nahe, dass sich vor allem Menschen mit einer sehr klaren Meinung beteiligt haben. Ausserdem ist davon auszugehen, dass kaum alte Menschen abgestimmt haben, da die Umfrage online durchgeführt wurde.
Und: An der Umfrage haben rund 4,6 Millionen EU-Bürger teilgenommen - das sind nicht einmal ein Prozent aller 512 Millionen Europäer.
Zusätzlich bemängeln Kritiker die Schieflage zwischen den Ländern: Drei der 4,6 Millionen Antworten kamen aus Deutschland. Auch in Österreich, Luxemburg, Finnland und Estland beteiligten sich überdurchschnittlich viele Menschen.
Andere Nationen hingegen scheint die Zeitumstellung weit weniger zu bewegen. Die geringste Teilnehmerquote hatten Italien und Rumänien (jeweils 0,04 Prozent der Bevölkerung) sowie Grossbritannien (0,02 Prozent).
Gibt es zwischen den Ländern Unterschiede im Ergebnis?
Die Ablehnung der Zeitumstellung war unter den Teilnehmern in fast allen Ländern überwältigend: In Finnland und Polen erreichten die Gegner des Hin und Her Quoten von jeweils 95 Prozent, in Spanien 93, in Litauen 91 und in Ungarn und Kroatien jeweils 90 Prozent. Nur in Griechenland und Zypern waren die Befürworter der Zeitumstellung unter den Teilnehmern in der Mehrheit, mit einem Anteil von 56 beziehungsweise 53 Prozent.
Was passiert, wenn der Gesetzesvorschlag wirklich beschlossen wird?
Sollte die Zeitumstellung tatsächlich abgeschafft werden, könnte jedes Land für sich entscheiden, ob es dauerhaft die Winterzeit oder die Sommerzeit einführen möchte. Die Frage, welche von beiden Zeiten dauerhaft gilt, ist eine nationale Angelegenheit und würde von einer Abschaffung der Zeitumstellung nicht berührt.
Würde das nicht zu einem Flickenteppich führen?
Dass sich unterschiedliche Länder unterschiedlich entscheiden würden, ist äusserst wahrscheinlich. In der von Deutschland dominierten Online-Umfrage sprach sich eine Mehrheit für die dauerhafte Sommerzeit aus. Spanien hingegen dürfte darauf zum Beispiel kaum Lust haben.
Denn der Zeitpunkt, zu dem an einem Ort die Sonne aufgeht, hängt bekanntlich von der geografischen Lage ab. Bei dauerhafter Sommerzeit würde die Sonne in Madrid erst gegen 9.30 Uhr aufgehen anstatt wie derzeit gegen 8.30 Uhr. Zum Vergleich: In Berlin geht die Sonne nach aktueller Regelung im Dezember gegen 8 Uhr auf. Bei dauerhafter Sommerzeit würde sich der Sonnenaufgang auf ungefähr 9 Uhr verschieben.
Haben derzeit alle EU-Länder die gleiche Uhrzeit?
Nein. Aktuell gelten in der EU drei Zeitzonen. Befürworter des Gesetzesvorschlags argumentieren deshalb, dass es den Flickenteppich der Zeiten längst gibt:
In Deutschland herrscht die Mitteleuropäische Zeit, genannt MEZ, ebenso in 16 weiteren Staaten. Darunter sind die Niederlande, Belgien, Österreich, Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien, Polen und Spanien.
Acht Länder - Bulgarien, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Litauen, Rumänien und Zypern - sind eine Stunde voraus: Dort gilt die Osteuropäische Zeit oder OEZ.
Drei Staaten sind eine Stunde zurück, nämlich Irland, Portugal und Grossbritannien, wo die Westeuropäische Zeit gilt, die WEZ.
"Daher wäre es kein Problem, wenn sich einige Mitgliedstaaten für die ständige Winterzeit und andere für die ständige Sommerzeit aussprechen", sagte der CDU-Europa-Politiker Peter Liese. (mcf/dpa)
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