Das Stimmvolk will die Laufzeit der Schweizer Atomkraftwerke nicht auf 45 Jahre beschränken. Es sagt mit 54 Prozent Nein zur Atomausstiegs-Initiative der Grünen Partei. Auch eine Mehrheit der Kantone sprach sich dagegen aus. Bei einer Annahme der Initiative hätten drei der fünf Kraftwerke bereits 2017 vom Netz genommen werden müssen.

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Laut der vorläufigen Schlusszählung wird die Atomausstiegs-Initiative mit 54,2 Prozent der Stimmen abgelehnt, 45,8 Prozent sagten Ja. Die Atomausstiegs-Initiative war bereits zuvor am Ständemehr gescheitert. Die Stimmbeteiligung lag bei rund 45 Prozent.

Deutliches Ja im Kanton Basel-Stadt

Für die Vorlage sprachen sich lediglich sechs der 26 Schweizer Kantone aus: Basel-Stadt, Basel-Landschaft und die Westschweizer Kantone Waadt, Neuenburg, Genf und Jura. Am deutlichsten Ja sagte das Stimmvolk im Kanton Basel-Stadt mit 60,5 Prozent, gefolgt von Genf mit 59 Prozent. Mit 31,9 Prozent Zustimmung erteilte der Kanton Schwyz dem Volksbegehren die deutlichste Abfuhr, gefolgt von Appenzell Innerrhoden mit 34,2 Prozent.

Die Eidgenössische Volksinitiative "Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie" verlangte, dass die Bundesverfassung in zwei Artikeln geändert wird. Einerseits sollte der Betrieb von Kernkraftwerken zur Erzeugung von Strom oder Wärme verboten werden. Andererseits sollten die bestehenden fünf Atommeiler der Schweiz 45 Jahre nach deren Inbetriebnahme vom Netz genommen und abgebaut werden.

Bei einer Annahme der Initiative hätte dies konkret bedeutet, dass die AKW Mühleberg (Kanton Bern) sowie Beznau I und Beznau II (Aargau) bereits 2017 stillgelegt würden, das AKW Gösgen (Solothurn) hätte 2024, das AKW Leibstadt (Aargau) 2029 ausser Betrieb genommen werden müssen.

Nun sollen die Kraftwerke solange am Netz bleiben können, wie sie das Eidgenössische Nuklearsicherheits-Inspektorat ENSI als sicher einstuft – sofern die Betreiber sie nicht aus wirtschaftlichen Gründen abschalten. Dies wird beim AKW Mühleberg 2019 der Fall sein.

Landesregierung will Atomausstieg

Dass keine neuen AKW mehr gebaut werden, ist klar: Der Bundesrat (Landesregierung) hatte wenige Wochen nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 entschieden, mittelfristig aus der Kernenergie aussteigen zu wollen.

"Die bestehenden Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden", schrieb er im Mai 2011.

Laut Beobachtern könnte dies einer der Gründe gewesen sein, weshalb die Initiative abgelehnt wurde. Es sei diesmal nicht um alles oder nichts gegangen, sondern nur darum, wie lange die verbleibenden AKW maximal noch betrieben werden dürften, hiess es.

Reaktionen

"Ich bin erleichtert über diesen Ausgang", sagte Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). "Er belässt uns die nötige Zeig für den Umbau der Energieversorgung und den Ausbau der Netze", so die Energieministerin.

"Mit dem Nein zur Initiative hat das Stimmvolk signalisiert, dass es an der heutigen Regelung festhalten will." Leuthard betonte aber auch: "Die bestehenden KKW müssen stetig in die Sicherheit investieren."

Befürworter der Initiative nennen Resultat "gut"

Die Befürworter der Initiative bezeichneten das Abstimmungsresultat mit fast 46 Prozent Ja-Stimmen als "gut". Dennoch: "Wir haben ein grosses Sicherheitsproblem. Wir haben immer noch den ältesten AKW-Park der Welt", betonte die Grüne Nationalrätin Regula Rytz.

Die Sozialdemokratische Partei (SP), welche die Initiative unterstützt hatte, schrieb in einer ersten Stellungnahme, das Resultat zeige, "dass es in der Schweiz niemals mehr eine Mehrheit für einen AKW-Neubau geben wird. Die Energiestrategie 2050 muss jetzt konsequent umgesetzt werden".

"Die Leute wollen nicht aus der Atomkraft aussteigen", sagte hingegen der freisinnige Nationalrat Christian Wasserfallen. Zudem sei die Energiestrategie 2050 des Bundes, die den längerfristigen Ausstieg aus der Atomkraft fordere, auch keine Lösung.

Bei der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) hiess es, die Partei konzentriere sich nun "auf das Referendum gegen das ruinöse Energiegesetz. Die Argumente mit welchen die Ausstiegsinitiative bekämpft wurde, treffen noch viel mehr auf das Energiegesetz zu".   © swissinfo.ch

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