Die AfD positioniert sich immer radikaler gegen den Islam. In ihrem geplanten Grundsatzprogramm ist vom Verbot von Minaretten und Muezzins die Rede. Der Politikwissenschaftler Michael Lühmann rechnet damit, dass die Partei bald vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Mit ihrem angekündigten härteren Anti-Islam-Kurs hat die "Alternative für Deutschland" Kritik in allen politischen Lagern hervorgerufen.
Die AfD-Spitzenpolitiker Beatrix von Storch und
"Wir sind für ein Verbot von Minaretten, von Muezzins und für ein Verbot der Vollverschleierung", sagte die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende von Storch.
Der Islam sei ein Fremdkörper, der in Deutschland "keine Heimat finden könnte", hiess es weiter.
Franz-Josef Jung, der Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, erklärte daraufhin der Zeitung "Die Welt", dass die Positionen der AfD zum Islam "von eindeutig extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist", zeugen.
Die AfD diffamiere pauschal einen ganzen Glauben und wolle die Religionsfreiheit einschränken, so Jung weiter. Doch was für Folgen könnte ein härterer Kurs der AfD gegenüber dem Islam haben?
Immer neue Tabubrüche durch AfD
Eine "grosse Gefahr" stellen die jüngsten Äusserungen der AfD-Spitze auch aus Sicht von Michael Lühmann vom Göttinger Institut für Demokratieforschung dar.
"Mit solchen Positionen verlässt die AfD den Boden des Grundgesetztes", erklärt der Politikwissenschaftler im Gespräch mit unserer Redaktion. Überrascht hätten ihn die Äusserungen jedoch nicht. "Populistische Bewegungen brauchen von Zeit zu Zeit neue Tabubrüche, neue Grenzübertritte", weiss Lühmann.
Ausserdem müsse die AfD die Islamfeindschaft der radikal-evangelikalen Christen in ihren Reihen bedienen, zu denen auch Beatrix von Storch gehöre. Und schliesslich wolle die AfD den rechten Rand im politischen Diskurs weiter nach rechts verschieben.
Lühmann rechnet infolgedessen damit, dass "die Partei bald vom Verfassungsschutz beobachtet wird". Es sei verwunderlich, dass es angesichts einiger Aussagen des Thüringer AfD-Sprechers Björn Höcke oder der Schiessbefehl-Äusserung der Bundesvorsitzenden Frauke Petry nicht schon längst geschehen sei, sagte er.
Der Partei könnte es allerdings bei Wahlen auch schaden, wenn ihr Kurs zu radikal wird.
Der Chef der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, sagte der Nachrichtenagentur dpa, wenn sich die AfD weiter ins rechtsextreme Spektrum ausbreite, werde sie Wähler verlieren.
"Die grundsätzlich demokratische Ausrichtung der Masse der AfD-Vertreter ist schon ein wesentliches Element für die Überlebensfähigkeit der AfD", erklärte Jung.
Der Göttinger Forscher Lühmann ist sich da nicht so sicher: "Ich hätte vor zwei Jahren nicht gedacht, dass es mit politischen Positionen wie denen der AfD möglich ist, solche Wahlergebnisse zu feiern. Jetzt wissen wir: Es geht doch."
Die AfD ist erfolgreich in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen – in Sachsen-Anhalt erhielten die Rechtspopulisten bei der Landtagswahl 24,3 Prozent der Stimmen. Einige Parteien haben sich bereits AfD-Positionen zu eigen gemacht.
AfD-Aussagen "stiften zur Gewalt an"
Aber Lühmann hält die harsche Anti-Islam-Rhetorik der Partei noch aus einem anderen Grund für gefährlich.
"Solche Aussagen stiften zur Gewalt an. Solche Hetze bringt Menschen dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen", ist er überzeugt. Das sei in Sachsen zu sehen gewesen, wo die AfD-nahe Pegida-Bewegung entstanden ist und die AfD eine wichtige Rolle spielt.
Sie hätten ihre Ideen ohne grossen Widerstand der Politik oder der Zivilgesellschaft verbreiten können. Dass es gerade in Sachsen überdurchschnittlich viele Übergriffe auf Flüchtlinge gegeben habe, so Lühmann, sei "kein Zufall".
So weit wie der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, will Lühmann aber nicht gehen. Mazyek sagte am Montagmorgen bei NDR info, "dass es zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei gibt, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht. Das müssen wir feststellen und auch so betonen." Er meinte die AfD.
Der Göttinger Politologe rät bei Vergleichen mit dem Dritten Reich zur Vorsicht. Aber auch Lühmann sieht "neue Qualität im rechten Denken" und eine "Hetze, die an die 1930er Jahre erinnert".
Driftet die AfD folglich immer weiter nach rechts? Es gebe keinen Grund zur Entwarnung. "Sie haben gesehen, dass Hetze gute Wahlergebnisse gebracht hat", stellt Michael Lühmann fest. "Es funktioniert."
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