- Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben einen Bericht zur aktuellen Situation in Afghanistan herausgegeben.
- Demnach haben die Taliban seit ihrer Machtübernahme zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen.
- Zeugen berichten unter anderem von Arbeitsverboten für Frauen.
Menschenrechtsorganisationen werfen den radikalislamischen Taliban vor, entgegen anderslautender Beteuerungen seit ihrer Machtübernahme zahlreiche Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan begangen zu haben. Dies geht aus einem am Dienstag von Amnesty International, der Internationalen Föderation für Menschenrechte (FIDH) sowie der Weltorganisation gegen Folter (OMCT) veröffentlichten Bericht hervor. Der Bericht basiert auf Interviews mit Betroffenen und einer Auswertung von Fotos, Videos, Satellitenbildern und Medienberichten aus der Zeit nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August.
Der Bericht dokumentiere das "Klima der Angst" unter Menschenrechtlern, Journalisten und Frauen, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow. Sie forderte die Bundesregierung auf, "alles in ihrer Macht Stehende" zu tun, um "durch die Taliban gefährdeten Menschen" Schutz in Deutschland zu ermöglichen.
"Büros und Wohnungen wurden durchsucht", berichtete Delphine Reculeau von OMCT über die Rechercheergebnisse. "Kollegen wurden verprügelt." Es gebe regelmässige Drohanrufe und Drohbesuche der Taliban bei Menschenrechtlern und Journalisten, heisst es in dem Bericht.
Zeugen berichten von Anweisungen der Taliban an afghanische Journalisten, nur noch in Übereinstimmung mit islamischen Gesetzen zu berichten, und von Arbeitsverboten für Frauen.
Pandschir-Tal von der Versorgung abgeschnitten
Das umkämpfte Pandschir-Tal sollen die Taliban laut Bericht von der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern abgeschnitten haben. Es gebe gezielte Tötungen von ehemaligen Soldaten und Zivilisten, heisst es weiter. Taliban-Kämpfer prügelten demnach auch auf Demonstranten ein. Fotos und Zeugenberichte dokumentieren die Verletzungen von Folteropfern.
Laut Reculeau leben Menschenrechtler in Afghanistan "unter der ständigen Bedrohung von Verhaftung, Folter oder Schlimmerem". Wer die Flucht geschafft habe, sitze nun "in Militärlagern oder in Nachbarländern fest, ohne zu wissen, wohin sie gehen sollen und wie sie ihr über Nacht zerstörtes Leben wieder aufbauen können".
"In den etwas mehr als fünf Wochen seit der Übernahme der Kontrolle über Afghanistan haben die Taliban deutlich gezeigt, dass sie es mit dem Schutz und der Achtung der Menschenrechte nicht ernst meinen", erklärte Dinushika Dissanayake, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für Südasien.
Die Menschenrechtler forderten die internationale Gemeinschaft auf, im Rahmen des UN-Menschenrechtsrats konkrete Massnahmen zu ergreifen und die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterstützen. Juliette Rousselot von FIDH bekräftigte: "Die internationale Gemeinschaft darf die Augen vor den von den Taliban begangenen Verstössen nicht verschliessen." © AFP
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