Aus Sicht der Bundesregierung ist es "zweifelsfrei" bewiesen, dass der Kremlkritiker Alexej Nawalny vergiftet worden ist. Darauf hat sie ungewöhnlich scharf reagiert. Ein seit langem umstrittenes Projekt rückt wieder in den Fokus.
Nach der Vergiftung des russischen Regierungskritikers
Hingegen äusserte sich CSU-Chef
Söder schloss sich damit im Grundsatz der Position von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an.
Göring-Eckardt fordert Abbruch des Pipeline-Projekts
Die Bundesregierung sieht es als "zweifelsfrei" erwiesen an, dass Nawalny mit dem chemischen Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet wurde. Ein Spezial-Labor der Bundeswehr hatte dies nach Angaben vom Mittwoch festgestellt. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte daraufhin einen Abbruch des deutsch-russischen Pipeline-Projekts.
Merkel hatte am Mittwoch von einem "versuchten Giftmord" an einem der führenden Oppositionellen Russlands gesprochen: "Er sollte zum Schweigen gebracht werden." Das Auswärtige Amt bestellte den russischen Botschafter Sergej Netschajew ein, um Russland dazu aufzufordern, "vollumfänglich und mit voller Transparenz" aufzuklären".
Mit den Partnern in der Nato und in der EU werde man nun beraten und "im Lichte der russischen Einlassungen über eine angemessene, gemeinsame Reaktion entscheiden", sagte die Kanzlerin.
Forderung nach harter europäischer Reaktion
Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft sprach sich gegen einen Abbruch des Erdgas-Projekts Nord Stream 2 aus. "Auf die Vergiftung Nawalnys mit weiteren Wirtschaftssanktionen zu reagieren, die dann wieder an der Sache völlig unbeteiligte Unternehmen und die russische Bevölkerung treffen würden, halten wir für falsch", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Oliver Hermes.
Hingegen forderte der CDU-Aussenexperte Norbert Röttgen eine harte europäische Reaktion. "Jetzt sind wir erneut brutal mit der menschenverachtenden Realität des Regimes
Alles müsse auf den Prüfstand. Wenn es jetzt zur Vollendung des Gasprojektes Nord Stream 2 käme, dann wäre das die maximale Bestätigung und Ermunterung für Wladimir Putin, mit genau dieser Politik fortzufahren, sagte Röttgen. Man müsse über Erdgas, den Gasbezug und die Nichtvollendung der Pipeline sprechen.
Fall erfordert angemessene Reaktion
Die russische Staatsführung hat Anschuldigungen zu einer möglichen Verwicklung in den Fall vehement zurückgewiesen. "Es gibt keinen Grund, dem russischen Staat etwas vorzuwerfen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Tass zufolge.
Deshalb sehe er auch keinen Anlass für irgendwelche Sanktionen, die gegen Russland oder gegen die Ostsee-Pipline Nord Stream 2 verhängt werden könnten.
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnte vor einem Boykott Russlands. "Wir brauchen Russland in der Klimapolitik, in der Ukrainepolitik, in vielen anderen Bereichen. Wir können jetzt nicht sozusagen hier eine Mauer aufziehen zwischen dem Westen und Russland", sagte er im ARD-"Morgenmagazin".
Gleichwohl erfordere der Fall eine angemessene Reaktion der Bundesregierung: "Ich glaube, klare Kante ist erforderlich."
FDP: Alexej Nawalny soll dauerhaft in Deutschland bleiben
Nach Auffassung der FDP sollte Deutschland den russischen Regierungskritiker Nawalny dauerhaft aufnehmen. "Alexej Nawalny ist in Russland nicht sicher", sagte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin.
"Deutschland sollte dem russische Oppositionellen daher Asyl gewähren. Die Vergiftung politischer Gegner ist eine massive Grenzüberschreitung, die wir nicht hinnehmen dürfen." (ff/dpa)
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