Jurist, Blogger, Oppositionspolitiker: Alexej Nawalny kämpft schon seit Jahrzehnten gegen den Kreml. Auf einem innerrussischen Flug brach der Aktivist nun zusammen. Er zeigt offenbar Anzeichen einer Vergiftung. Wer ist der Mann, der Putin immer wieder herausfordert?
In Russland ist
Zuletzt hatte sich der Rechtsanwalt und Oppositionelle im sibirischen Tomsk aufgehalten. Von dort wollte er nach Moskau fliegen. Vor dem Abflug soll es ihm noch gut gegangen sein. Doch während des Flugs hat er sich Berichten zufolge plötzlich unwohl gefühlt und das Bewusstsein verloren. Die Maschine landete wegen der Notsituation unplanmässig in Omsk.
Zu den Ursachen des Zusammenbruchs gibt es widersprüchliche Aussagen: Nawalnys Team hatte unter Berufung auf die Polizei berichtet, dass ein vermutlich "tödlicher Stoff" in Nawalnys Körper gefunden worden sei. Ein behandelnder Arzt will hingegen eine Stoffwechselstörung festgestellt haben.
Vertraute des Politikers hatten ein deutsches Rettungsflugzeug gechartert und wollten Nawalny in die Berliner Charité bringen lassen. Doch die Ärzte in Omsk erklärten ihn für transportunfähig. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch kritisierte die Entscheidung scharf. Russische Behörden und die mit ihnen kooperierenden Mediziner würden so den Versuch verhindern, Nawalnys Leben zu retten.
Am Freitagabend liessen die Ärzte jedoch ihre Bedenken gegen einen Transport ins Ausland fallen. Bis Samstagmorgen (Ortszeit) verzögert sich Nawalnys Flug noch. Danach soll er jedoch direkt nach Berlin gebracht werden.
Vom Blogger zum Oppositionsführer
Der 1976 geborene Nawalny studierte in Moskau Jura und engagierte sich ab 1999 für die Opposition. Bis 2007 war er in der linksliberalen Partei Jabloko aktiv. Nachdem er den Parteigründer Grigori Jawlinski massiv öffentlich kritisiert hatte, wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Begründet wurde der Schritt unter anderem mit einer nationalistischen Haltung Nawalnys.
Bekannt wurde der Anwalt erst in der Zeit danach als regierungskritischer Blogger. Vor allem als Kämpfer gegen Korruption machte er sich einen Namen. Er erwarb gezielt Anteile staatsnaher oder staatseigener Unternehmen, um als Aktionär Einsicht in die Geschäftsunterlagen verlangen zu können.
Auf Basis der Unregelmässigkeiten, die er feststellte, verlangte er eine Untersuchung des Innenministeriums. Eine Aufklärung blieb zwar aus, doch seine ausführlichen Blog-Berichte darüber erregten grosse öffentliche Aufmerksamkeit.
Gefährlich für den Kreml
Nawalnys Erfolg lag auch im geschickten Einsatz der neuen Medien begründet. Mit der Nutzung beliebter Social-Media-Kanäle und dem ausgiebigen Einsatz von Videos sprach er vor allem die junge Generation an. Besondere Aufmerksamkeit erregte etwa eine 50-minütige Dokumentation, die den luxuriösen Lebensstil des damaligen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew beleuchtete und die auf YouTube mehr als 35 Millionen Mal angesehen wurde.
Ab 2011 richtete sich sein Protest direkt gegen die russische Regierung. Bei der Parlamentswahl 2011 und der Präsidentschaftswahl 2012 befeuerte er die Proteste gegen Wahlfälschungen und gegen eine Rückkehr
2013 unternahm er einen vielbeachteten Versuch, in die aktive Politik einzutreten. Bei den Bürgermeisterwahlen in Moskau unterlag er zwar Amtsinhaber Sergej Sobjanin. Doch er erlangte mit 27 Prozent der Stimmen das zweitbeste Ergebnis und festigte die öffentliche Wahrnehmung seiner Person als mächtiger Regierungsgegner.
Nawalny prägte zu dieser Zeit die Schmähbezeichnung "Partei der Gauner und Diebe" für Putins Regierungspartei Einiges Russland.
Festnahmen und Verurteilungen
Immer wieder wurde der Aktivist verhaftet und wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen verurteilt. Nawalny selbst behauptete stets, es handle sich dabei um Versuche, ihn politisch auszuschalten. Von der Präsidentschaftswahl 2018 wurde er wegen der Vorstrafen ausgeschlossen.
Auch 2019 und 2020 musste er sich in mehreren Gerichtsverfahren gegen ihn verteidigen. Seine "Stiftung gegen die Korruption" wurde im vergangenen Jahr zu einer hohen Geldstrafe wegen Falschbehauptungen verurteilt, für die Nawalny als Verantwortlicher teilweise persönlich aufkommen sollte.
Zuletzt war es um den Juristen stiller geworden. Im Zusammenhang mit der umstrittenen Verfassungsreform, die Putin weitere Amtszeiten ermöglicht, trat er beispielsweise nicht besonders in Erscheinung. Er führte jedoch seine YouTube-Sendung "Nawalny Live" weiter, die rund zwei Millionen Abonnenten hat und in der er seine persönliche Sicht auf die aktuelle Tagespolitik teilte.
Verwendete Quellen:
- BBC.com: "Alexei Navalny: Russia's vociferous Putin critic"
- Zeit.de: "Der Blogger, der Putin stürzen will"
- Lexikon der politischen Strafprozesse: "Nawalny, Alexej Anatoljewitsch"
- Tagesschau.de: "Anwalt, Anti-Korruptionskämpfer, Kreml-Kritiker"
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