Für SPD-Chef Sigmar Gabriel gehört die AfD "in den Verfassungsschutzbericht und nicht ins Fernsehen". Wann aber wird eine Partei tatsächlich zum "Beobachtungsobjekt"?
In politischen Talkshows und Diskussionsrunden im Fernsehen will Bundeswirtschaftsminister
Für ihn ist die Partei ein Fall für den Verfassungsschutz. Das sagte der SPD-Vorsitzende der "Bild am Sonntag".
Zuvor hatte AfD-Chefin
Ihre Stellvertreterin Beatrix von Storch legte später mit menschenunwürdigen Äusserungen auf Facebook nach – unter anderem schrieb sie: "Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig."
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte schon Anfang Januar in einem Positionspapier formuliert, dass "die gefährlichen rechtsextremen Tendenzen in der Partei AfD und Gruppen wie Pegida" vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.
"Die AfD ist kein Beobachtungsobjekt", sagt jedoch eine Sprecherin des Bundesamts für Verfassungsschutz im Gespräch mit unserer Redaktion. Das heisse jedoch nicht, dass man nicht hinschaue und prüfe.
Gilt eine Partei oder eine Gruppe als "Beobachtungsobjekt", dürfen die Mitarbeiter Informationen darüber sammeln, auswerten und speichern oder die Betroffenen mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen – zum Beispiel abhören oder observieren.
Die Sprecherin betont, dass der Verfassungsschutz nicht auf Anfrage überwache, sondern einem gesetzlichen Auftrag folge: "Wir werden etwa dann tätig, wenn wir Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erkennen." Bei der NPD beispielsweise sei das der Fall.
Politikwissenschaftler: "Der Staat sollte sich wehren"
Der Politikwissenschaftler Michael Lühmann vom Göttinger Institut für Demokratieforschung versteht die Forderung Petrys, an der deutschen Grenze notfalls auf unbewaffnete Menschen zu schiessen, durchaus als einen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.
"Das ist ein Moment, in dem der Staat sich wehren sollte", fordert er im Gespräch mit unserem Portal.
Und auch in den vergangenen Monaten haben sich AfD-Mitglieder seiner Meinung nach immer wieder gegen die demokratische Grundordnung gestellt
Vergangene Woche hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maassen, der "Märkischen Allgemeinen" jedoch gesagt: "Solange wir bei der AfD nicht sehen, dass sie sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wendet, haben wir keine Befugnis, sie zu beobachten."
Einzelne Personen unter Beobachtung?
Keine Auskunft gibt das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die Frage, ob Frauke Petry oder andere AfD-Vertreter unter Beobachtung stehen.
Bei fragwürdigen Äusserungen einzelner Mitglieder würde der Verfassungsschutz zunächst prüfen, ob diese der ganzen Partei zugeordnet werden können oder eben nur der entsprechenden Person oder bestimmten Kreisen.
"Einzelne Partei-Mitglieder zu beobachten, ist natürlich zunächst der einfacher zu begründende Weg", sagt Politikwissenschaftler Michael Lühmann.
Er erinnert: "Jemand wie Bodo Ramelow wurde bis vor wenigen Jahren offiziell beobachtet. Dann fragt man sich doch: Warum sollte jemand wie Frauke Petry nicht beobachtet werden?"
Der Verfassungsschutz hatte den Politiker der Linken seit 1986 im Visier, bis das Bundesverfassungsgericht diese Überwachung des heutigen thüringischen Ministerpräsidenten 2013 verbot.
Damals schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Grund dafür waren allein seine Mitgliedschaft und seine Funktionen in der Linkspartei. Er war den Vorinstanzen zufolge nicht verdächtig, 'Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verfolgen' und beteiligte sich auch nicht an radikalen Strömungen innerhalb der Partei."
Sollte der Verfassungsschutz Frauke Petry aufgrund ihrer aktuellen Äusserungen beobachten, würde dies also nicht automatisch bedeuten, dass die AfD als Partei Beobachtungsobjekt wird.
Michael Lühmann empfindet die Gegenwehr aus der AfD gegen die Äusserungen der Parteichefin allerdings als "relativ gering bis nicht vorhanden".
Für ihn ist klar: "Petry ist die gewählte Parteivorsitzende. So lange andere sich nicht laut dagegen stellen, muss man davon ausgehen, dass die Partei hinter ihren Äusserungen steht."
Ohnehin kämen derartige empörende Aussagen immer wieder "aus dem Herzen der Macht, nicht vom Rand".
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