In den USA wird mal wieder darüber nachgedacht, wo sich Milliarden einsparen lassen. Immer wieder steht das Land vor der Zahlungsunfähigkeit. Gefährdet der immer wiederkehrende finanzielle Kollaps bald den Status der USA als letzte Supermacht?

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Man kann es drehen und wenden wie man will: Es sieht einfach mehr als ein bisschen komisch aus, wenn mit den USA die letzte verbliebene Supermacht auf dem Globus in regelmässigen Abständen vor der Staatspleite steht. Gerade erst wurde mit einem überraschenden Kompromiss ein weiteres Kapitel in dem seit langem schwelenden US-Haushaltsstreit beiseite geräumt. Fünf Wochen vor einer drohenden erneuten Stilllegung der US-Verwaltung rangen sich Demokraten und Republikaner zu einem Budgetplan für die kommenden zwei Jahre durch.

Dennoch es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Szenario Zahlungsunfähigkeit dem mächtigsten Land der Erde erneut droht. Aber so komisch, ja bizarr das Ganze auch aussehen mag: Der Streit um den US-Haushalt befeuert auch die Frage, ob sich das Land seine Rolle als Supermacht überhaupt noch leisten kann; ob die USA überhaupt noch das Geld haben, "Weltpolizist" zu sein, wie es gerne formuliert wird.

Diese Frage drängt sich nicht nur im übertragenen Sinne auf, weil der Haushaltsstreit vor allem ein Zeichen für einen tiefen innenpolitischen Graben innerhalb der US-Gesellschaft ist – vor allem zwischen Demokraten und konservativen Tea-Party-Anhängern – und entlang dieses Grabens auch darüber gestritten wird, ob die USA überhaupt noch Weltpolizist sein sollen. In jüngster Zeit haben gerade die verlustreichen Kriege im Irak und in Afghanistan dieser Kontroverse Auftrieb verliehen.

Kosten Kriege einfach zu viel Geld?

Diese Frage drängt sich auch auf, weil das Führen von Kriegen tatsächlich eine Menge Geld verschlingt. Geld, das die USA eigentlich nicht haben, sondern sich immer irgendwo leihen müssen – entweder bei der eigenen Notenbank, womit der Staat sich sein Geld de facto selbst druckt. Oder zum Beispiel bei den Chinesen, die der grösste ausländische Gläubiger des Landes sind. Mehr als 1,2 Billionen US-Dollar haben die offiziell kommunistischen Chinesen den offiziell kapitalistischen Vereinigten Staaten derzeit geliehen. Und um es ganz konkret zu machen, wie teuer Kriege sind: Nach einer Studie der Brown University in Providence im US-Bundesstaat Rhode Island aus dem Jahr 2011 beliefen sich die Kosten für die Kriege im Irak sowie in Afghanistan und Pakistan seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 damals bereits auf 3,2 bis 4 Billionen US-Dollar.

Deshalb kann es eigentlich auch nicht überraschen, dass es in der Tat zumindest Anzeichen dafür gibt, dass sich die USA zumindest ein kleines Stück weit von ihrer Rolle als globale Interventionsmacht zurückziehen – auch wegen der Finanzen.

So haben die USA beispielsweise Anfang 2012 eine wichtige Militärdoktrin überarbeitet und dabei einen drastischen Einschnitt vorgenommen: Bis zu dieser Änderung galt es viele Jahre als gesetzt, dass das US-Militär stets in einem personellen und materiellen Zustand sein sollte, zwei grosse Kriege irgendwo auf der Welt parallel führen zu können. Zum Beispiel führten die USA nach diesem Muster den Krieg im Irak und den Feldzug in Afghanistan gleichzeitig. Nun, da die Doktrin überarbeitet wurde, ist das Anforderungsszenario um die Hälfte eingedampft worden. Die USA, so lautet der aktuelle Masterplan, sollen zu einem Zeitpunkt X nicht mehr in der Lage sein zwei, sondern nur noch einen grossen Krieg zu führen. Ein anderer möglicher Aggressor an einem anderen Ort der Welt soll danach zum gleichen Zeitpunkt lediglich noch "abgeschreckt" werden können.

Doch so eindringlich solche Beispiele und die sich daraus ergebenden Gedankenketten auch scheinen mögen – beides darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die finanziellen Probleme der USA auf absehbare Zeit nichts daran ändern werden, dass die USA weiterhin die einzig verbliebene Supermacht sind und wohl auch noch eine ganze Zeit lang bleiben werden. Daran ändert auch der immer wieder beschriebene Aufstieg Chinas als Wirtschafts- und Militärmacht wenig. Der amerikanische Rückzug aus der Rolle der Supermacht ist nur ein teilweiser, ein kleiner. Es ist nur ein bisschen Rückzug.

US-Militäretat mehr als viermal höher als der Chinas

Denn auch wenn es für die Vereinigten Staat in Folge ihrer schwachen Finanzlage gezwungen sein werden, beim Militär zu sparen: Bei allen Debatten um die Folgen der US-Finanzmisere für die Streitkräfte darf niemand vergessen, dass der US-Militäretat der grösste der Welt ist – und zwar mit riesigem Abstand vor allen in diesem Ranking nachfolgenden Staaten. Im Jahr 2012 beispielsweise beliefen sich diese Ausgaben nach einer Studie des renommierten Friedensforschungsinstitut Sipri auf rund 682 Milliarden US-Dollar. Auf Platz zwei und drei der Liste folgten China mit circa 166 Milliarden und Russland mit etwa 91 Milliarden US-Dollar. Was machen da ein paar Einsparung im einstelligen Prozentbereich aus? Der Ist-Stand der Ausgaben für das US-Militär wie auch dessen technologische und personelle Ausstattung ist derart hoch, dass sich Sicherheitsexperten einig sind: Keine andere Streitmacht auf der Welt kann sich derzeit wirklich mit den amerikanischen Streitkräften messen.

Ähnliches gilt für den (etwas abstrakteren und damit schwerer zu fassenden) amerikanischen Einfluss in der Welt. Nicht zuletzt durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts bedingt haben die USA einen derart grossen Einfluss rund um den Globus, dass – selbst wenn sie einen Teil davon einbüssen – sie derart wichtig für das Funktionieren der Welt bleiben werden, dass ein bisschen weniger Einfluss nichts an ihrer Rolle als internationales Schwergewicht ändern wird. Das gilt umso mehr, als dass andere aufstrebende Staaten überhaupt nur sehr zögerlich dabei sind, in die Bereiche vorzustossen, in denen der US-Einfluss vielleicht schwinden könnte.

Beispiel: Naher Osten. Man könnte zwar glauben, dass der US-Einfluss in der Region wirklich nachhaltig schwächer wird, nachdem es die amerikanischen Friedensbemühungen der vergangenen Jahrzehnte nicht geschafft haben, dort für Ruhe zu sorgen. In Wirklichkeit aber schaut die Welt bei jedem neuen Anlauf für Frieden zwischen Israel und den Palästinensern nach Washington. Und den Chinesen ist die Region bislang ziemlich egal. Überhaupt konzentrieren sie sich allen globalen Ambitionen zum Trotz noch immer darauf, ihren Einfluss in Asien zu sichern. Ein sicherheitspolitisches Ausgreifen in die Welt? Bei den Chinesen kaum zu erkennen. Die einzige nennenswerte internationale Intervention, an der sich das Reich der Mitte in der jüngsten Geschichte beteiligt hat, ist die Sicherung der Seewege vor Somalia gegen die Angriffe von Piraten.

Alles in allem ist es deshalb also weniger eine Frage der absoluten Zahlen und US-Dollar-Noten, ob die USA auch weiterhin als Weltpolizist auftreten werden. Die Frage ist, ob die Amerikaner das in Zukunft noch sein wollen – und wenn ja, auf welche Weise. Denn gerade nach den Einsätzen im Irak und in Afghanistan werden die Stimmen in den Vereinigten Staaten lauter, so schnell keine eigenen Soldaten mehr nach Übersee in einen Militäreinsatz zu schicken. Deshalb kämpfen heute keine US-Soldaten in Syrien. Technisch und finanziell hätten die USA ihre Streitmacht in Bewegung setzen können.

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