Markus Söder wird zur Schlüsselfigur in der Unions-Krise. Kanzlerkandidat will er nicht werden, wohl aber Kanzlermacher. Gegen seinen Willen wird niemand Merkels Nachfolger. Ob Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz oder Armin Laschet - nur über München führt der Weg ins Kanzleramt

Dr. Wolfram Weimer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Wolfram Weimer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Je wilder in Berlin die CDU-Fetzen fliegen, desto staatsmännischer wirkt Markus Söder in München. Er regiert Bayern souverän, hat seine CSU im Griff, setzt grün-liberal-mittige Akzente und erntet steigende Umfragewerte.

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Ausgerechnet der einstige Polit-Raufbold ist zum ausgleichenden Regenten gereift. Gerade weil das System Merkel in Berlin so donnernd implodiert, verkörpert Söder zusehends das Prinzip Stabilität in der Union.

Markus Söder muss seinen Segen geben

Man kann Söder derzeit beim politischen Wachsen regelrecht zuschauen. Er wächst zusehends sogar in die Rolle eines denkbaren Kanzlerkandidaten für die Union. Ihm werden Chancen zugesprochen, nach Franz Josef Strauss 1980 und Edmund Stoiber 2002 der dritte Unions-Kanzlerkandidaten aus der CSU zu werden.

Alle zwanzig Jahre wäre es soweit. Doch Söder will nicht. Das Dementi für eine Kandidaturenkandidatur ist echt: “Meine Ambitionen sind und bleiben hier in Bayern.“

Diese klare Positionierung stärkt zugleich seine innerparteiliche Schiedsrichterrolle in der Union. Söder hat nicht nur ein Veto-Recht bei der Nominierung des Kanzler-Kandidaten, denn der muss von CDU und CSU am Ende gemeinsam aufgestellt werden. Er ist ab sofort - genau so sind seine jüngsten Interventionen aus München zu verstehen - der Kanzlermacher.

Weder AKK noch Friedrich Merz, weder Armin Laschet noch Jens Spahn können gegen seinen Willen Merkels Nachfolger werden. AKK mag Merkel hinter sich haben, Merz die Mehrheit des Wahlvolks, Laschet die gesellschaftliche Mitte - sie alle brauchen am Ende Söders Segen. Das legendäre Zitat von Franz-Josef Strauss - „es ist mir egal, wer unter mir Kanzler wird“ - bekommt eine neue Aktualität. Die Pointe aber ist: Söder ist es nicht egal, er wird es gestalten.

Die Union muss wieder ein Team werden

Und so greift er nun im Gestus eines Schuldirektors in die machtpolitische Pausenhofkeilerei der Union ein und fordert Disziplin: “In der derzeitigen Situation können sich Volksparteien nicht leisten, Brüche zu riskieren oder möglicherweise in Flügel zu zerfallen.“

Söder richtet einen Appell "an alle" in der CDU. Die zerstrittene Schwesterpartei müsse wieder “ein Team darstellen“. Denn: “Am Ende gewinnt die Union immer nur im Team.“

Söder erinnert an die innerparteilichen Machtkämpfe der CSU. Ihm und seinem Vorgänger Horst Seehofer sei es gleichermassen wichtig gewesen, "dass wir trotz unterschiedlicher Akzente keinen Bruch in der Partei bekommen". Wechsel und Übergänge müsse man so organisieren, dass am Ende alle zusammenbleiben. "Wir als CSU haben letztes Jahr gemerkt, dass es nur miteinander geht", mahnt Söder. "Ich würde sagen, von dieser Erfahrung sollten alle in der Union profitieren.“

Hauptkonkurrent sind die Grünen

Den Mahnruf aus München zur Geschlossenheit ergänzt Söder gleich noch mit einer strategischen Festlegung: "Man kann im Osten zwar Wahlen verlieren, aber gewinnen muss man sie vor allem im Westen…Wir müssen klar sehen, wer hier unser Herausforderer ist. Daher: Keine einseitige Fixierung nach Rechtsaussen! Der Hauptkonkurrent um Platz eins sind die Grünen. Sie müssen wir stärker in den Fokus nehmen."

Markus Söder hat eine Strategie. Er will die Union in wilden politischen Zeiten als „Hort der Stabilität“ und Retterin des Wohlstands positionieren: "Wir haben internationale Herausforderungen, die werden jeden Tag grösser. Wir haben eine wirtschaftliche Herausforderung, die wird jeden Tag grösser." In solch einer Phase müsse die Union Fels in der Brandung sein, nicht aber die Brandung.

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