Wieder wird die afghanische Hauptstadt Zielscheibe einer blutigen Attacke. Mitten im Regierungsviertel stürmen Bewaffnete ein Ministerium. Mehrere Stunden liefern sie sich Schusswechsel mit Sicherheitskräften. Wer und was dahinter steckt, ist noch unklar.
Ein Angriff Bewaffneter auf das afghanische Telekommunikations-Ministerium in der Hauptstadt Kabul ist nach stundenlangem Schusswechsel mit mehreren Toten zu Ende gegangen. Alle vier Angreifer sowie vier Zivilisten und drei Sicherheitskräfte seien getötet worden, teilte das Innenministerium am Samstag mit. Die Bewaffneten hatten demnach nach einer Explosion das Ministerium gestürmt und waren in das dort befindliche Postzentrum vorgedrungen. Mindestens 2800 Mitarbeiter seien aus dem Gebäude in Sicherheit gebracht worden. Zu dem Angriff bekannte sich zunächst niemand. Weitere Details zum Hergang waren zunächst nicht bekannt.
Die radikalislamischen Taliban, die seit dem Abzug der Nato-Schutztruppen Ende 2014 verstärkt Regierungsziele angreifen und Territorium erobern, verneinten eine Beteiligung an dem Anschlag. Sie und auch die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) haben in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Ziele in Afghanistan angegriffen.
Hintergründe unklar
Bei der Attacke am Samstag wurden acht Menschen verletzt, teilte das Innenministerium weiter mit. Über die genaue Zahl der Toten gab es widersprüchliche Angaben. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach von zwei Toten und sechs Verletzten, Telekommunikations-Minister Schahsad Arjobi schrieb auf Facebook von fünf Toten und mehreren Verletzten. Das Innenministerium hatte sich bei vergangenen Anschlägen aber als verlässliche Quelle gezeigt.
Ein Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, sagte, dass die ins Zentrale Postzentrum eingedrungenen Angreifer von dort auf die Sicherheitskräfte geschossen hätten. Unklar blieb, warum sie sich ausgerechnet dieses Ministerium und das Postzentrum ausgesucht hatten. Auch gab es noch keine Erkenntnisse darüber, wie es genau zu der Explosion gekommen war, die den Angriff eingeleitet und das Regierungsviertel erschüttert hatte.
Friedensgespräche abgesagt
Rauch stieg aus einem Teil des Ministeriums auf, das nur wenige Meter vom Präsidentenpalast entfernt ist. Auf Fernsehbildern war zudem zu sehen, dass Sicherheitskräfte die Gegend um das Ministerium abgesperrt hatten.
Allein 2018 wurden in Kabul bei mehr als 20 grossen Anschlägen und Angriffen mehr als 550 Menschen getötet. Mehr als 1000 wurden verletzt. Den Grossteil der Anschläge reklamierte der sunnitische IS für sich. Die Terrororganisation erklärte sich auch für den Anschlag auf einen bekannten schiitschen Schrein vom 21. März verantwortlich - damals starben sieben Menschen.
Die Taliban, die in weiten Teilen Afghanistans von 1996 bis 2001 geherrscht hatten, haben einem US-Bericht zufolge ihren Einfluss und ihr Territorium weiter ausgeweitet. Am Freitag hatten Gespräche über einen Friedensschluss zwischen ihnen und afghanischen Regierungsvertretern in Katars Hauptstadt Doha stattfinden sollen, sie wurden aber abgesagt. © dpa
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