Nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt am Montagabend berichten nun mehrere Medien übereinstimmend von der bundesweiten Fahndung nach einem Verdächtigen. Das hat Innenminister de Maizière mittlerweile bestätigt. Ob wirklich ein junger Tunesier im Visier der Ermittler ist, jedoch nicht. Viele Fragen sind offen.
Die Polizei fahndet seit Mittwoch im Zuge der Ermittlungen zum Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt nach einem Mann. Er soll ein Tunesier sein. Es soll sich um Anis A. handeln. Dem Mann werden gute Verbindungen in die Islamisten-Szene nachgesagt. Über den Fall berichteten unter anderem "Spiegel", "Bild" und die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Als zu hundert Prozent gesichert dürfen bisher keine Informationen zu Anis A. betrachtet werden, jedoch verdichten sich die Anzeichen, dass die Fahnder mit Anis A. einer vielversprechenden Spur nachgehen.
Anis A. war den Behörden bereits bekannt
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr, war der Tunesier den Behörden bereits im vergangenen November bekannt. Damals sei A. Gegenstand einer Sitzung des gemeinsamen Terrorabwehrzentrums (GTAZ) von Bund und Ländern gewesen.
Er habe sich zu diesem Zeitpunkt wechselweise in Berlin und Nordrhein-Westfalen aufgehalten. Zudem soll sich der Tunesier zahlreiche Identitäten zugelegt haben. Zu den genauen Umständen der GTAZ-Sitzung wurde zunächst nichts bekannt.
Tunesier war geduldet, sollte aber abgeschoben werden
Im Fussraum des Führerhauses des Lkw, der am Montagabend in einen Berliner Weihnachtsmarkt gerast war, wurde am Dienstag eine Geldbörse gefunden mit Ausweispapieren gefunden.
Laut der "Mainzer Allgemeinen" war zudem eine Duldung mit Anis A.'s Personalien gefunden worden. Nach Informationen der "Bild" stellte er im April 2016 einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. A. sollte demnach 2016 abgeschoben werden. 2012 war er offenbar von Italien nach Deutschland eingereist.
Wie "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichteten, war der Verdächtige offiziell als Gefährder eingestuft. Er habe Kontakte zum Netzwerk des kürzlich verhafteten Salafisten-Predigers Abu Walaa unterhalten. Seit Dezember 2016 sei der Mann abgetaucht.
Thomas de Maizière: "Nicht zwingend der Täter"
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bestätigte die Ermittlungen in Berlin, betonte aber auch: "Es ist ein Verdächtiger, nicht zwingend der Täter." Es werde weiter in alle Richtungen ermittelt und es würden alle Spuren verfolgt.
De Maizière erklärte, er werde die vielen Spekulationen in Medien über den aufenthaltsrechtlichen Status des Mannes und Verdachtsmomente weder bestätigen noch dementieren. "Uns ist wichtig, dass man diesen Verdächtigen findet. (...) Das Ergebnis zählt und nicht die Schnelligkeit von Spekulationen", so der Minister.
NRW-Innenminister: Anis A. reiste über Freiburg ein
Am Nachmittag bestätigte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Suche nach dem neuen Tatverdächtigen. Anis A. soll im Juli 2015 über Freiburg nach Deutschland eingereist sein. Wie de Maizière betonte auch Jäger, dass eine mögliche Tatbeteiligung des Mannes "noch überhaupt nicht geklärt" sei.
Das Landeskriminalamt NRW hat derweil ein Verfahren wegen des "Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat" eingeleitet. Die für die Abschiebung des gesuchten Tatverdächtigen wichtigen tunesischen Ausweispapiere sind nach Angaben aus NRW erst zwei Tage nach dem fatalen Berliner Anschlag bei den deutschen Behörden eingetroffen.
Zwar sei der Antrag im Juni 2016 abgelehnt worden. "Der Mann konnte aber nicht abgeschoben werden, weil er keine gültigen Ausweispapiere hatte", so Ralf Jäger. Tunesien habe zunächst bestritten, dass es sich bei dem Mann um einen Tunesier handele. (fte)
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